Rezension

Begegnungen im Friseursalon - oder: Wenn du plötzlich zum Bruder einer 17-jährigen Schwester wirst ... - deutsch und chinesisch

DongHuaChun Friseursalon - Guangmin Ruan

DongHuaChun Friseursalon
von Guangmin Ruan

Bewertet mit 4 Sternen

DongHuaChun enthält den deutschen und den chinesischen Text. Der Manga wird von hinten nach vorn und seine Panels werden von rechts nach links gelesen. Die in schwarz-weiß gehaltene Handlung ist in eine colorierte Rahmenhandlung eingebettet. Die Ereignisse beginnen 2009, Rückblenden spielen bis zu 30 Jahre früher. Yu-Lan (Magnolie), eine junge Frau aus Taipeh, sehr blond, sehr europäisch aussehend, reist nach dem Tod ihres Vaters Chen Zhen-Dong nur mit einer Adresse auf einem Zettel in dessen Heimatort und sucht dort in seinem Auftrag ein neues Zuhause. Der Friseursalon wird zum Auslöser ihrer  Vatersuche und der ihres Bruders, der  als Kind – für ihn damals unverständlich - vom Vater verlassen wurde. Der ältere Chen war mit 19 Vater eines kleinen Sohnes und hatte gerade diesen Friseursalon gegründet, als er durch seinen Militärdienst aus der Bahn geriet. Er verließ Frau und Kind, weil er sich zu angebunden fühlte. Chen Xiao-Hua, der jüngere Chen, nennt seine Halbschwester „Paket-Schwester“, ein Paket, das ihm sein Vater hinterlassen hat und um das er sich als der Ältere  kümmern muss. Im Friseursalon treffen verschiedene Schicksale aufeinander, Schutzgeld wird erpresst, alte Männer kommen, nur um sich zu unterhalten. Eingeschoben wird die Geschichte von A-Dun, dessen Mutter sich als Schneiderin durchschlug und dem Chen Xiao-Hua nach seinem Gefängnisaufenthalt eine zweite Chance gibt. Schließlich erhält Yu-Lan als Dritte im Bunde der „3 Klingen“ ihre persönliche „Klinge“ überreicht, ihr Handwerkzeug aus Friseurschere und Rasiermesser.

 

Fazit

Ein  Friseursalon wirkt als Setting spannend und lässt gleich an eine Verfilmung als Serie denken. „DongHuaChun“ passt sich in der Darstellung der Figuren für meinen Geschmack zu stark an westliche/internationale Sehgewohnheiten an. Selbst wenn sie europäische, japanische oder koreanische Vorfahren haben, wirken Chinesen aus Taiwan im Aussehen auf mich völlig anders als die drei Hauptfiguren. Realistischer gezeichnet finde ich dagegen den Vater Chen Zhen-Dong und einige der Nebenfiguren. Am eindrucksvollsten im Manga  fand ich die Zeichnungen, die ganz ohne Text auskommen. Durch Rückblenden, Briefe, (gedachte) Tagebuchaufzeichnungen und durch die europäisch wirkenden Gesichter der Figuren empfand ich die Handlung als sehr komplex, die Sprache der Rückblenden in der deutschen Übersetzung teilweise als zu modern. Die Schreibschrift-Abschnitte sind leider nur schwer zu lesen. Trotz meiner Kritik finde ich ein Manga aus Taiwan einen wichtigen Beitrag, um das Land gegenüber der dominierenden Volksrepublik China ins Bewusstsein der übrigen Welt zu bringen.