Rezension

Beklemmende Eindrücke in eine verworrene Welt

Nachruf auf den Mond - Nathan Filer

Nachruf auf den Mond
von Nathan Filer

Bewertet mit 4 Sternen

Matthew und Simon sind Brüder und ein Herz und eine Seele. Aber eines Tages stirbt Simon bei einer nächtlichen Unternehmung mit Matthew. Für Matt bricht eine Welt zusammen und er gibt sich auch die Schuld für das Ganze. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner weiß: Matthew leidet an Schizophrenie und kann seinen Bruder weiterhin sehen. Dementsprechend lässt sich ein Aufenthalt in der Psychiatrie nicht vermeiden, in der er auch seine Geschichte niederschreibt.

Ich interessiere mich sehr stark für psychische Erkrankungen, weshalb ich sehr gespannt auf dieses Buch war. Mit der Schizophrenie hatte ich mich bis dahin noch nicht so auseinandergesetzt und wollte deswegen einen besseren Einblick in diese Krankheit bekommen. Auch, weil dieses Buch so gehypt wird, war ich gespannt, was hinter diesem Debüt steckt.

"Alles verändert sich, ständig. Auch die Wahrheiten." (S. 133)

Das Buch war sehr häufig ziemlich beklemmend. Man merkt, wie durcheinander der Protagonist ist. Auch wenn er aus der Ich-Perspektive schreibt, konnte ich mich nicht mit ihm identifizieren und wollte das auch nicht. Hin und wieder machte mir sein Denken Angst, weil ich merkte, dass seine Darstellung falsch ist, aber da ich die Realität nicht kannte, wusste ich nicht, wie sehr seine Gedanken von dieser abweichen. Dieses Gefühl war ziemlich unheimlich.
Mit dem Protagonisten bin ich nie wirklich warm geworden. Ich hatte kein Mitleid mit ihm und konnte mich auch nicht so in ihn hineinversetzen.
Erschreckend fand ich es, wie es immer mehr bergab mit Matthew ging. Auch wenn es immer wieder Hoffnungsschimmer gab, konnte ich mich nie wirklich für ihn freuen. Ich fand es einfach so deprimierend, dass es für ihn keine wirkliche Heilung zu geben scheint, was der Protagonist aber auch zu wissen scheint. Er lebt zwar in seiner eigenen Welt, aber er beschönigt sein Leben nicht. Dennoch übt er sich aber auch nicht in perfektem Selbstmitleid. Darüber war ich ziemlich froh, weil mich das irgendwie sehr genervt hätte.

Was ich sehr schade fand, war die Tatsache, dass man nicht wirklich etwas über seine Therapien erfahren hat. Er wird nur medikamentös  behandelt, aber das war es dann auch schon. Stattdessen wird der typische Alltag in der Psychiatrie sehr gut geschildert. Das hat mir mit am besten gefallen.

Insgesamt werden in diesem Buch sehr viele Themen behandelt, aber meines Erachtens sind es manchmal schon zu viele. Hin und wieder hat mir einfach der rote Faden gefehlt, weil es auch immer wieder Zeitsprünge gab, die ich sehr irritierend fand, auch wen das natürlich sehr authentisch die Innenwelt von Matt dargestellt hat.
Gerade wegen der Authentizität hat mir das Buch besonders gut gefallen. Man merkt, dass der Autor sich mit psychischen Erkrankungen auskennt und vom Fach ist. Auch den Umgang von Matts Familie mit dem Tod Simons und Matts Krankheit gefiel mir sehr gut.
Dennoch muss man anmerken, dass dieses Buch keine leichte Kost ist. Diese Lektüre bereitet keine gute Laune, sondern stimmt einen nachdenklich. Auch nach dem Lesen kreisten meine Gedanken um dieses Buch. Dennoch ist es empfehlenswert, weil man beginnt, sich mit dieser Krankheit mehr auseinanderzusetzen und sieht, wie zerstörerisch diese Krankheit ist - nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für sein soziales Umfeld.