Rezension

Berührend und fesselnd

Ein Winter mit Baudelaire - Harold Cobert

Ein Winter mit Baudelaire
von Harold Cobert

Bewertet mit 5 Sternen

In seinem Roman erzählt Harold Cobert von der Zerbrechlichkeit des Glücks, vom Leben eines Obdachlosen und von der Bedeutung der Freundschaft. „Ein Winter mit Baudelaire“ ist berührend und bedrückend zu gleich, es ist unglaublich fesselnd und wirklich lesenswert.

Cobert, Harold: Ein Winter mit Baudelaire
Genre: Roman
Seiten: 285
Verlag: Pendo
ISBN: 978-3866122581
Originaltitel: Un hiver avec Baudelaire

Kommentar zum Buch & Fazit:
Nach der Scheidung wird der Franzose Philippe von seiner Exfrau auf die Straße gesetzt und darf seine geliebte Tochter nicht mehr sehen. Dann verliert er auch noch seinen Job und da er aus Frust auch noch selbst gekündigt hat, erhält er nicht einmal Arbeitslosengeld. Ohne Job, kein Geld, ohne Geld, keine Wohnung, ohne Wohnung, kein Job: Es ist ein Teufelskreis. Zwar kann sich Philippe eine Weile von seinem Ersparten über Wasser halten, doch irgendwann ist selbst das günstigste Hotel zu teuer. Philippe wird zum Obdachlosen und verliert nach und nach nicht nur alle sozialen Kontakte, sondern auch den Boden unter den Füßen.
Doch dann begegnet ihm Baudelaire: „Aufmerksam schnüffelnd wedelt er leicht geduckt mit dem Schwanz. Dann setzt er sich japsend und mit hängender Zunge vor ihm auf den Boden. Ab und zu hört er ganz auf zu atmen, macht die Schnauze zu und sieht ihn konzentriert an, mit aufgerichteten Ohren, wovon das linke etwas stärker geknickt und tief eingekerbt ist“.
Baudelaire, benannt nach dem berühmten Schriftsteller, ist eine wunderbare kleine Promenadenmischung mit einem großen Herzen. Zwar brauchen Mensch und Hund eine Weile, um “warm zu werden”. Doch schon bald bilden sie ein ungleiches aber gutes Team und wagen den Schritt in ein neues Leben.

Es ist beeindruckend, mit welcher Präzision der Autor unzählige Einzelheiten in Philippes und später auch Baudelaires Leben beschreibt. Wenn Harold Cobert das Leben auf der Straße und die damit verbundenen unliebsamen Erfahrungen und Schwierigkeiten schildert, könnte man meinen, der Autor habe all das am eigenen Leib erfahren. Glaubhaft schildert Cobert auch die Sorgen und Nöten des Obdachlosen und „Geächteten“, der von einem Großteil der Gesellschaft nicht einmal mehr wahrgenommen wird. Dabei überzeugt Coberts Geschichte, das Lob geht somit auch an den Übersetzer, durch eine poetische und ausdrucksvolle, aber nie überzogene Wortwahl und Sprache.

In seinem Roman erzählt Harold Cobert von der Zerbrechlichkeit des Glücks, vom Leben eines Obdachlosen und von der Bedeutung der Freundschaft. „Ein Winter mit Baudelaire“ ist ein Buch über das Glück, im Unglück nicht allein zu sein und von den kleinen Momenten und Geschenken, die ein Leben lebenswert machen.
Es ist eigentlich keine besondere Geschichte, die Harold Cobert in „Ein Winter mit Baudelaire“ erzählt. Immerhin gibt es (auch in Deutschland) unzählige Obdachlose, von denen etliche auch in tierischer Begleitung sind. Doch gerade, weil diese Geschichte (fast) alltäglich ist, ist sie doch irgendwie außergewöhnlich. Nach der Lektüre sieht man die Obdachlosen auf der Straße jedenfalls mit vollständig anderen Augen.

„Ein Winter mit Baudelaire“ ist berührend und bedrückend zu gleich, es ist unglaublich fesselnd und wirklich lesenswert. In meinen Augen hat das Buch nur einen einzigen Nachteil: Es ist viel zu kurz!