Rezension

Berührend und poetisch

Tage ohne Hunger - Delphine de Vigan

Tage ohne Hunger
von Delphine de Vigan

Bewertet mit 4.5 Sternen

“And in the end, we were all just humans, drunk on the idea that love, only love, could heal our brokenness.” (F. Scott Fitzgerald). Dieses Zitat sagt eigentlich (fast) alles über das Buch.

Laure ist extrem dünn und wiegt nur noch schlappe 38 kg als sie freiwillig in die Klinik geht um gegen ihre Magersucht zu kämpfen. Dort findet sie nicht nur Leidensgenossen, sondern auch den Weg zurück zu sich selbst. Der Leidensweg durch Schuldgefühle, einer instabilen Familie und Angst führt sie an einen Punkt, der über Leben und Tod entscheiden wird. Getrieben von der SehnSucht nach Zuneigung und Liebe, scheint sie diese in ihrem behandelnden Arzt zu finden, der ihr mehr als nur auf eine Weise das Leben rettet. 

Der Schreibstil ist kraftvoll, poetisch und aussagekräftig. Wenngleich er distanziert, zurückhaltend und unscheinbar wirkt, ist er doch in seiner Bedeutung durchdringend und lässt den Leser nicht kalt. Auf eindringliche und doch sanfte Weise erzählt er den Leidensweg sehr realistisch und gibt anschauliche Einblicke in diese völlig fremde Welt der Magersüchtigen. Etwas Störend empfand ich die einseitige Behandlung der Erkrankten, bei der lediglich körperliche Symptome behandelt wurden. Die Liebe/Zuneigung zu ihrem Arzt heilt ihre Seele scheinbar auf wundersame Art und sie lebt danach problemlos weiter, ohne dass dies bei ihrem schweren Krankheitsverlauf realistisch erscheint. Die Protagonistin analysiert quasi selbstständig die möglichen Ursachen und findet die auslösenden Faktoren, bis hin zum möglichen Vermeiden der krankmachenden Personen, Gedanken und Verhaltensweisen.

Das Innenleben wird prägnant und im Gedächtnis bleibend geschildert, nur die äußeren Umstände des Krankenhausaufenthaltes erscheinen mir zu utopisch und simpel um realistisch sein zu können.