Rezension

Berührend und schockierend...

Splitterfasernackt - Lilly Lindner

Splitterfasernackt
von Lilly Lindner

Seite 331: “Es ist verdammt leise, wenn du schreist, aber deine Stille ist ohrenbetäubend. Und wenn du schweigst, dann höre ich dich flüstern, während die Luft um dich herum erstarrt, als wollte sie nicht zulassen, dass jemand zu dir hindurchdringt.”

Gänsehaut, Tränen, Wut und Sprachlosigkeit...das alles habe ich mit diesem Buch erlebt. Dieses Buch ging mir unter die Haut und wird dort wohl auch noch für sehr lange Zeit verweilen. Ich werde über dieses Buch schreiben, aber es nicht bewerten. Es steht mir einfach nicht zu, so ein Schicksal in Sternchen zu gliedern.
Dies ist die Geschichte Lilly Lindners, sie handelt von einem Mädchen, das Feuerwerksraketen und Kekse liebt und das missbraucht wurde. Bereits mit 6 Jahren wird Lilly von ihrem Nachbarn vergewaltigt. Lillys Eltern haben keine Ahnung, was ihrer Tochter widerfährt, vielleicht auch deswegen, weil sie nicht so für sie da sind. In ihrer Verzweiflung beginnt sie sich selbst zu schänden, sie ritzt sich in die Haut und quält sich aufs Schlimmste. Sie hungert und erbricht und
schließlich fängt sie an, in einem Edelbordell zu arbeiten. Sie will ihren Körper weiter schänden, in der Hoffnung, sich selbst wieder zu finden...

Alleine die ersten Seiten haben mein Herz schockgefroren. Ich war fassungslos und habe mich immer wieder gefragt, wie man einem anderen Menschen sowas antun kann. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Auch die späteren Selbstverstümmelungen haben mich wahnsinnig mitgenommen, teilweise so stark, dass ich einfach mit dem Lesen pausieren musste, weil ich es nicht mehr konnte. Ich muss sagen, ich hatte die ganze Zeit über ein schlechtes Gewissen, dieses Buch zu lesen. Denn es ist so unglaublich offen, es ist Lilly, die sich hier “Splitterfasernackt” hinstellt und ihr Innerstes Preis gibt. Hier spricht eine Seele, der Körper ist von ihr getrennt und das Lilly dem Leser einen Blick in diese Seele gewährt...nun ja, ich kam mir wirklich schlecht beim Lesen vor. Dennoch habe ich weiter gelesen, denn ich hatte die Hoffnung, dass das alles wieder gut wird. Was natürlich nie wieder gut werden kann, das war mir eigentlich von Anfang an bewusst. Trotzdem habe ich gehofft, denn Lilly ist so eine wunderbare Frau und ich wollte nicht akzeptieren, dass es möglich ist, so schnell das Leben eines Mädchens zu verdüstern. Lilly berührt mit ihren Worten, sie legt so viel Zauber in jeden Satz und man merkt sofort, dass sie kein Mitleid will. Sie will Verständnis. Und ich denke, ich habe verstanden. Verstanden, wieso sie sich so behandelt hat, warum sie nicht zur Polizei gegangen ist. 

Mehr werde ich darüber nicht schreiben. Denn was soll ich dazu auch schreiben? Das Buch war toll? Nein, das passt nicht. Oder - Ich empfehle es weiter? Nein, ich kann euch nicht sagen, dass ihr es lesen solltet, weil ihr sonst was verpasst.

Lest es, wenn ihr wollt oder lasst es bleiben.

Fazit

Diese Buch geht unter die Haut und macht nachdenklich. Es schockiert und rührt zu Tränen.