Rezension

Berührende Geschichte

Der vertauschte Bräutigam - Regina Jennings

Der vertauschte Bräutigam
von Regina Jennings

Bewertet mit 5 Sternen

„...Abigail wusste nur zu gut, wozu falsch verstandenes Pflichtgefühl führen konnte. In den Gräben draußen vor dem Gefängnis lagen unzählige Soldaten, denen dieses fehlgeleitete Pflichtgefühl den Tod gebracht hatte...“

 

Abigail Stuart arbeitet als Krankenschwester im Gefängnis. Sie behandelt Kriegsgefangene. Wir schreiben das Jahr 1865. Der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten ist in vollem Gange. Abigail selbst stammt aus Ohio. Dorthin aber kann sie nicht mehr. Einer ihrer Patienten ist Jeremiah Calhoun. Er weiß, dass er an Wundbrand sterben wird. Trotzdem fällt er durch sein fröhliches Wesen auf. Er bittet Abigail, ihn zu heiraten. Dann kann sie sich um seine Schwester Rahel und seine Mutter kümmern, die sicher mit der Farm allein nicht zurecht kommen, zumal Rahel an Gelenkrheumatismus leidet. In diesem Zusammenhang fällt obiges Zitat. Nach einigem Zögern willigt Abigail ein. Auf der Farm wird sie von Jeremiahs Mutter herzlich aufgenommen. Dann aber erscheint der wahre Jeremiah Calhoun.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte ist vielschichtig und hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Die Themen Verantwortungsbewusstsein und Vergebung sind gekonnt in den historischen Rahmen eingebettet.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Abigail ist eine pflichtbewusste junge Dame. Sie nimmt ihre Aufgaben ernst und versteht es, mit Rahel umzugehen. Ihre besondere Liebe gilt den Pferden. Jeremiah weiß, dass er Schuld auf sich geladen hat. Sein Problem ist es, dass er immer die Zügel in der Hand behalten und die Richtung bestimmen will. Rahel ist durch ihre Krankheit verbittert.

Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Trotz der ernsten Thematik durchzieht ein feiner Humor die Geschichte. Besonders die Dialoge zwischen Abigail und Jeremiah haben mir oft ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Die beiden schenken sich nichts. Dabei übersehen sie, das es recht schnell zwischen ihnen knistert. Auch zwei Nachbarskinder sorgen mit ihren unbekümmerten Streichen für Auflockerung. Sehr genau hat die Autorin die Zeitverhältnisse wiedergegeben. Zwar ist der Krieg nun vorbei, doch der innere Frieden ist noch lange nicht wiederhergestellt. Anfeindungen gehören zur Tagesordnung. Das geht so weit, dass Abigails Dienste als Krankenschwester abgelehnt werden, weil sie aus dem Norden stammt. Gleichzeitig hat der Krieg einiges an Strandgut zurückgelassen. Anstatt sich um ihre Farm zu kümmern, müssen sich die Bewohner vor Pferdedieben schützen, die auch vor Mord nicht zurückschrecken. Nach und nach erfahre ich als Leser, warum Abigail ihr Elternhaus verlassen hat. Dieses Geschehen hat Spuren bei ihr hinterlassen. Trotzdem vertraut sie darauf, dass Gottes Wege für sie die richtigen sind. Gekonnt verpackt die Autorin christlichen Themen in eine fesselnde Handlung, ohne das sie vordergründig wirken. Sie gehören ganz einfach zum alltäglichen Leben. Besonders berührend sind dabei die Gespräche, die Abigail mit Rahel führt. Die Emotionen der Protagonisten nehmen einen breiten Rahmen ein. Abigails Verletzlichkeit, Rahels Sturheit, Jeremiahs Schuldbewusstsein sind nur wenige Beispiele dafür.

Das Cover mit der jungen Frau, die den Brautstrauß hinter sich wirft, verspricht eine gewisse Leichtigkeit.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte geht in die Tiefe. Zwei Punkte möchte ich insbesondere nochmals herausstellen. Zum einen macht die Autorin deutlich, dass auch nach einem Krieg das Leben nie wieder so unbeschwert ist wie zuvor, zum andern zeigt sie, dass es nie zu spät ist, aufeinander zuzugehen.