Rezension

Berührende Geschichte über Freundschaft - ein bisschen anstrengend zu lesen

Die hellen Tage - Zsuzsa Bánk

Die hellen Tage
von Zsuzsa Bánk

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Die hellen Tage behalte ich, die dunklen gebe ich dem Schicksal zurück“

Dies ist die berührende Geschichte der drei Freunde Aja, Seri und Karl, die in Kirchblüt, einem kleinen Ort in Süddeutschland, eines Tages zueinander gefunden haben und die wir durch ihr Leben begleiten bis ins junge Erwachsenenalter. Dies ist aber auch die schöne Geschichte der Mütter dieser drei Freunde. Alle zusammen haben gemeinsam, dass sie Verluste erlitten haben (in ganz unterschiedlicher Weise) und nun versuchen, in ihren jeweiligen Leben trotzdem zurecht zu kommen, was schwer ist. Die Freundschaft wird im Laufe der Jahre eine große Stütze, eine Zuflucht und eine Kraft- und Zuversicht spendende Institution von beeindruckender Stärke.

Zsuzsa Bánk erzählt diese Geschichte in einer liebevollen und äußerst bildhaften Sprache. Ihre Sätze sind lang. Manchmal enthält ein einziger Satz derart viele Bilder und Informationen, dass es einem viel Konzentration abverlangt, um alles aufnehmen zu können. Aber manches Mal kann man sich regelrecht in diesen Fluss hineinfallen und mittragen lassen. Eigentlich sogar die meiste Zeit. Ihre endlos-fließenden Sätze erschaffen ein atmosphärisch dichtes Bild von allem: die Figuren werden sehr liebevoll und detailreich gezeichnet, die Gegend in und um Kirchblüt, die Großstadt Rom - alles erhält einen Charakter, der sich mir als Leser fest einprägt. Ich habe Aja, Seri und Karl gern durch ihr Aufwachsen begleitet. Bin mit ihnen in Ajas Garten umhergetollt, habe gemeinsam mit ihnen Rom entdeckt, habe gute und traurige Zeiten durchlebt. Und ganz ähnlich ist es mir mit den Eltern der drei ergangen.

Dies ist wahrlich eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack. Und jetzt kommt das ABER ;) Leider wiederholt sich die Autorin in vielen ihrer bildhaften Beschreibungen immer wieder, das ist mir irgendwann zu viel geworden. Nach dem zweiten Mal hab ich kapiert, dass Karl eine helle Stelle hinter dem Ohr hat, wo sich die Haut wie Wellen in Falten legt. Das muss mir nicht noch drei Mal oder mehr erklärt werden. Und ich weiß auch, dass Ajas Vater immer, wenn er seinen alljährlichen Besuch bei ihr beendet, erst in den Bus steigt, winkt, und dann wieder aussteigt, um dann doch zu Fuß zu gehen. Das sind zwei Beispiele von vielen. Jedes Bild für sich ist wunderbar. Die ständige Wiederholung hat mich irgendwann leider genervt und meinen Lesefluss gebremst.

Fazit: Eine sehr berührende, traurig-schöne und bildhaft wie atmosphärisch intensive Geschichte über Freundschaft und Familie, die einerseits verzaubert, aber nicht immer leicht zu lesen ist und durch zu viele Wiederholungen ein bisschen anstrengend wird. Trotzdem habe ich sie gern gelesen und will auf jeden Fall ein weiteres Buch von Zsuzsa Bánk versuchen. Denn ihre Art zu erzählen hat mich sehr beeindruckt und gefangen genommen.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. April 2017 um 13:05

Manchmal möchte man fluchen (was wir natürlich NICHT tun) und sagen, "verdammtes Lektorat" (nein, wir tun es nicht, wir sagen nur, was wir sagen würden, wenn wir es würden! ;-). Ein vernünftiges Lektorat streicht so was heraus. Wozu sind die denn da?

 

Ich musste einfach lachen: "Nach dem zweiten Mal hab ich kapiert, dass Karl eine helle Stelle hinter dem Ohr hat, wo sich die Haut wie Wellen in Falten legt. Das muss mir nicht noch drei Mal oder mehr erklärt werden". WIE RECHT DU HAST!

katzenminze kommentierte am 03. April 2017 um 16:22

Erstaunlich an wie wenig man sich erinnert! :) Ich hab gar keine Wiederholungen und lange Sätze im Kopf (und auch keine helle Stelle hinterm Ohr...), nur Weizelfender, staubige Feldwege und das winzige Häuschen. Mein Gehirn hat sich einfach nur die positiven Sachen gemerkt. Sollte es immer so machen... XD Aber trotzdem eine schöne Rezi!

Ich hab hier durch einen witzigen Zufall übrigens Schlafen werden wir später rumliegen... Und ich werde versuchen es bald (also nach Allende, Thorpe und Gaiman *hüstel*) zu lesen. Wenn es mir gefällt darf es wandern. Wenn nicht, lass' ich es lieber zu Hause. :)

Naibenak kommentierte am 03. April 2017 um 17:21

Tatsächlich?! Dann weisst du also auch nicht mehr, weshalb er diese gewellte Stelle hat??? Tzzz.... ;-))) Ich werde es mir mein Lebtag merken ;-) Aber stimnt! Weizenfelder, staubige Feldwege (bei Regen der reinste Schlamm!) und nicht zu vergessen, das schiefe Gartentor, das die Kieselsteine auf dem Weg immer beiseite schiebt (auch so ein Fall von Endloswiederholung)... Gern melde ich mich zur Wanderbuchrunde schon jetzt an, Minzi ;-)

@Wanda: ich fürchte, in diesem Fall ist das mit den Wiederholungen wirklich so gewollt und ein Teil des Stils von Zsuzsa Bánk... da durfte das Lektorat sicher nicht ran ;-) Aber im neuen Roman dürfte es weniger sein, denn der wird aus Sicht zweier Frauen erzählt. Eine- wie üblich- im Bánkschen Stil, die andere deutlich kompakter. Deshalb reizt mich das besonders!

wandagreen kommentierte am 03. April 2017 um 17:26

Da Minzi es schon wieder vergessen hat, wurde es sogar zu wenig oft wiederholt! Oh MINZI! (Bin ich froh, dass ich das Buch ungelesen vertauscht habe).

katzenminze kommentierte am 03. April 2017 um 17:44

Das "ungelesen vertauscht" schmerz mich aber! Ich mochte es sehr! Ok, dass ich die Hälfte verdrängt habe untermauert meine Kompetenz nicht gerade... Aber ich vergesse total viel! Ich habe auch das von mir selbst hochgelobte Ende von Die Korrekturen vergessen. Ich bin eine Koryphäe auf dem Gebiet des Vergessens! Irgendwas muss man ja können!

@Bi: Zu dem Buch habe ich bisher entweder nur total gute oder total schlechte Rezis gelesen. Nichts dazwischen. Deswegen bin ich so gespannt drauf.

wandagreen kommentierte am 03. April 2017 um 18:10

Falls es dich tröstet, ich habs mit einer sehr geschätzten Freundin vertauscht und zwar, weil ich es für gut gehalten habe!!! (Bei der Masse an Lesestoff, den wir Vielleserinnen verkonsumieren, dürfen wir auch was vergessen, sei beruhigt).

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 00:26

@Minzi: Gut, dass Duuuuu keine helle Stelle hinterm Ohr hast -  das wäre doch zu viel der Empathie! :-)

wandagreen kommentierte am 23. April 2017 um 08:07

Das wissen wir nicht genau.

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 09:23

Sollten wir mal vorbeifahren und nachsehen? Oder sie einfach fragen?

katzenminze kommentierte am 23. April 2017 um 13:37

Nein, eine hellen Stelle nicht. Und auch keine Falten. Aber tatsächlich hab ich was anderes hinterm Ohr. :)

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 13:40

Ach!!!!! ????????????????????? :-)

katzenminze kommentierte am 23. April 2017 um 13:43

Jaja. Sogar mit literarischem Bezug. :D

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 14:27

Ooooohhhh!!!! ?????????? :-) 

Hmmmmm. Der Schalk kann's nicht sein, der sitzt im Nacken...

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 09:26

Eine schöne Rezi - doch finde ich (ohne das Buch zu kennen), Du hättest deutlicher darauf hinweisen sollen, dass Karl eine helle Stelle hinter dem Ohr hat, wo sich die Haut wie Wellen in Falten legt! Das ist doch ein wichtiges Detail, das Du aber nahezu aussparst!

Naibenak kommentierte am 23. April 2017 um 09:40

Moahhhh...ihr habt echt alle mit'm Clown gefrühstückt heute.. und du besonders, Stevie! Herrlich :D ;D Fröhlichen Welttag des Buches miteinander <3

Steve Kaminski kommentierte am 23. April 2017 um 09:54

Sagt man hier mal etwas Nachdenklich-Kritisches, dann hat man mit'm Clown gefrühstückt... Tttte!

Guten Morgen! :-) "Mit'm Clown gefrühstückt" ist schön - das kannte ich noch nicht! Ich hatte letztens in einem Manuskript aber "die Ämter sind kategorisch unterbesetzt" (vermutlich nach Kants chronischem Imperativ gebildet) und "etwas aus dem Hund zaubern". - Viele Grüße - und Dir einen schönen Tag!