Rezension

Berührende Liebesgeschichte

Das Geheimnis des Nordsterns - Karin Seemayer

Das Geheimnis des Nordsterns
von Karin Seemayer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Man hatte den Albatros die Flügel gestutzt...“

Sarah ist wieder zu Hause und kann an ihren Erfolg als Sängerin anknüpfen. Doch ein Stachel bleibt. Peer hat auf einen Schiff angeheuert, langsam verblasst sein Bild vor ihren Augen.

Die Autorin hat einen beeindruckenden Liebesroman in historischer Zeit geschrieben.Es handelt sich um den Nachfolgeband von „Die Sehnsucht der Albatrosse“.

Über Peers Leben in Sarahs Welt erfahre ich durch einen Rückblick, den Sarah Alex, Peers Freund bei dessen Besuch in San Francisco erzählt. Der größere Teil der Geschichte spielt in Schweden. Hier wird vom harten Leben der Fischer und ihrer Frauen berichtet. Es sind starke Frauen, die die Familie zusammenhalten müssen und nie wissen, ob die Männer und Söhne für immer in den Weiten der See bleiben. Peer ist als Matrose aus dieser Welt ausgebrochen. Er hat Sarah nicht nur für eine gewisse Zeit verlassen, weil es ihn auf die Meere zog, er möchte in Göteborg auch sein Steuermannspatent ablegen. Doch in der Heimat erwartet ihn ein unangenehme Überraschung.

Sarah hat mit dem Neid und der Missgunst ihrer Berufskollegen zu kämpfen. Der Hochmut der Mutter und ihre Arroganz machen ihr das Leben nicht leicht. Dazu kommen die Intrigen der Reporterin Georgina, die mit spitzer Feder alles Tun und Lassen von Sarah kommentiert. Ein Lichtblick ist Tante Alice, die ihren eigenen Weg geht und nichts auf Konvektionen gibt.. Tante Alice ist es auch, die Sarah und deren Tochter Anne auf eine Europareise mitnehmen möchte. Danach möchte Anne Medizin studieren.

Der Schriftstil des Romans ist nicht nur angenehm zu lesen, er ist ausgereift und vielfältig. Die Rauheit und Einzigartigkeit der schwedischen Landschaft werden mit wunderschönen Metaphern beschrieben. Für die Gefühle der Protagonisten findet die Autorin den richtigen Ausdruck. Obiges Zitat fällt in einem Moment der Hoffnungslosigkeit. Für Peer scheint der Weg zu Sarah versperrt. Die Freude des Wiedersehens, die Enttäuschung über mangelndes Vertrauen, die Liebe, die nie aufhört, aber sich immer neu bewähren muss, sind einige der Schwerpunkte in der Handlung. Trauer, Anteilnahme, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft werden angemessen und behutsam dargestellt. Der Sprachstil wechselt zwischen sachlicher Darstellung und romantischen Szenen, zwischen knallharten Dialoge und Gespräche, bei denen mehr verschwiegen als gesagt wird. Die Autorin gibt jedem der agierenden Personen ein Gesicht, ohne sich bei langen Beschreibungen aufzuhalten. Ihr Handeln charakterisiert sie – und das kann auch sehr widersprüchlich sein. Die Zwänge des Lebens können durchaus zu falschen Entscheidungen führen. Anschaulich gelingt es der Autorin, dass Grauen des Erdbebens ins San Francisco zu vermitteln. Auch andere historische Ereignisse finden angemessen Beachtung. Die Geschichte spielt in einer Zeit, da die Schifffahrt im Umbruch ist. Segelschiffe werden durch Dampfer abgelöst. War die Arbeit auf einem Segelschiff schon hart, so ist sie auf einem Dampfer unmenschlich. Peer muss das am eigenen Leibe erfahren. Das Buch enthält neben ernsten Szenen auch schöne berührende Stelle. Mit der zwischenmenschlichen Verletzbarkeit geht die Autorin sehr behutsam um.

Das in Blau gehaltene Cover ist sehr stimmungsvoll.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich nicht nur gut unterhalten, sondern mir auch eine Menge an Wissen über das harte Leben an Schwedens Küste vermittelt.