Rezension

Berührendes Buch über die Macht der Musik

Tadunos Lied - Odafe Atogun

Tadunos Lied
von Odafe Atogun

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Musiker Taduno musste aus seiner Heimat Nigeria ins Exil fliehen. Seine Musik hat gezündelt, gegen den Diktator aufbegehrt, die Massen bewegt. Dafür wird er nun verfolgt. Aber er entschließt sich, zurückzukehren, als er eine geheimnisvolle Nachricht seiner Geliebten Lela erhält, die von den Schergen des Präsidenten entführt wurde. Um sie zu retten, will er einen neuen Hit produzieren. Aber dazu muss er erst mal wieder seine verlorene Stimme zurückerlangen. Die Zeit läuft ihm davon. Wird ihm auch sein Gewissen davonlaufen? Taduno gerät in große Gefahr, seine Ideale, seine Musik und seine Landsleute zu verraten.

Diese märchenhafte afrikanische Erzählung ist vielleicht das Weiseste das ich seit dem "Kleinen Prinzen" gelesen habe. In einfacher, schnörkelloser aber schöner Sprache überrascht und berührt die Geschichte immer wieder unmittelbar.

Taduno hatte noch nie in Einzelhaft musiziert und stellte nun fest, dass seine Musik klangvoll und bunt war. Stellte fest, dass seine Musik von Licht durchdrungen war. Er hatte nicht gewusst, dass Musik leuchten konnte.

Auf der anderen Seite ist es erschreckend, lesen zu müssen, was die Diktatur mit den Menschen macht. Was ist das für eine verkehrte Welt, in der diejenigen sich als Verräter an ihren Mitbürgern empfinden müssen, die einen Unschuldigen vor Folter und Tod verstecken? Die Manipulation des Gedächtnisses einer ganzen Nation wird hier symbolhaft so auf die Spitze getrieben, dass sich die Menschen kollektiv nicht mehr an den Namen des einst so berühmten Künstlers erinnern können. Diese mysteriöse Tatsache steht beispielhaft für die Hypnose, der ein ganzes Volk durch ein diktatorisches Regime ausgesetzt ist. Deshalb fürchtet auch die Diktatur nichts so sehr wie die Musik. Denn wenn wir aus unserem europäischen Kulturkreis eher die einlullende Magie der Musik kennen, so ist hier die Musik das Zündfeuer, das aufweckt.

Das Buch entzieht sich einer Beurteilung durch unsere westlichen Normen - manche Verhaltensweisen der Romanfiguren können wir vielleicht nicht gut nachvollziehen, manche Erzählform erscheint uns fremd - aber genau das macht das Interessante an diesem Buch aus; die Uhren auf dem schwarzen Kontinent ticken anders, und wer sich darauf einlässt, der lernt etwas über diese fremde Kultur.

Ein ungewöhnliches, berührendes Buch über die Macht der Musik.

Kommentare

Naibenak kommentierte am 23. April 2017 um 21:24

Ohh...liebe Arbutus, das hast du total wunderbar geschrieben! <3 Genau so isses ;-) Super Rezi, danke!

kommentierte am 24. April 2017 um 10:33

Den Worten von Bianca kann ich mich nur anschließen!!!

heike_e kommentierte am 24. April 2017 um 19:53

Eine tolle Rezi über ein tolles Buch. Gefällt mir beides.

 

LySch kommentierte am 28. April 2017 um 10:42

Eine wunderschöne Rezi! ♥ Das Buch macht mich sehr neugierig und ich setze es auf jeden Fall auf die WuLi...
Liebe Grüße von mir auch hier bei Wld ;)
(Mein Titelbild könnte dir bekannt vorkommen...;))

Steve Kaminski kommentierte am 01. Mai 2017 um 23:11

Eine sehr schöne Rezi! Ja: "Was ist das für eine verkehrte Welt, in der diejenigen sich als Verräter an ihren Mitbürgern empfinden müssen, die einen Unschuldigen vor Folter und Tod verstecken?"