Rezension

Berührt mein Panikherz!

Panikherz
von Benjamin von Stuckrad-Barre

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt / Klappentext:

Abschied von der Nacht: Benjamin von Stuckrad-Barres Comeback.
Er wollte genau da rein: zu den Helden, in die rauschhaften Nächte - dahin, wo die Musik spielt. Erst hinter und dann auf die Bühne. Unglaublich schnell kam er an, stürzte sich hinein und ging darin fast verloren. Udo Lindenbergs rebellische Märchenlieder prägten und verführten ihn, doch Udo selbst wird Freund und später Retter. Benjamin von Stuckrad-Barre erzählt eine Geschichte, wie man sie sich nicht ausdenken kann: Er wollte den Rockstar-Taumel und das Rockstar-Leben, bekam beides und folgerichtig auch den Rockstar-Absturz. Früher Ruhm, Realitätsverlust, Drogenabhängigkeit. Und nun eine Selbstfindung am dafür unwahrscheinlichsten Ort - im mythenumrankten "Chateau Marmont" in Hollywood, in das ihn Udo führte. Was als Rückzug und Klausur geplant war, erweist sich als Rückkehr ins Schreiben und in ein Leben als Roman. Drumherum tobt der Rausch, der Erzähler bleibt diesmal nüchtern. Schreibend erinnert er sich an seine Träume und Helden - und trifft viele von ihnen wieder. Mit Bret Easton Ellis inspiziert er einen Duschvorhang, er begegnet Westernhagen beim Arzt und Courtney Love in der Raucherecke und geht mit Thomas Gottschalk zum Konzert von Brian Wilson. Andere sind tot und werden doch gegenwärtig, Kurt Cobain, Helmut Dietl.

Meine Meinung:

In der Vergangenheit habe ich schon mehrere Bücher von Benjamin von Stuckrad-Barre gelesen, weil ich seine Sprache sehr mag und er die Dinge immer so wunderbar auf den Punkt bringt.

Dieses ist nun für mich ein ganz besonderes Buch, weil es voller "Udo-Liebe" ist. Und zwar die Liebe zu Udo Lindenberg. Genau wie der Autor, bin ich auch mit zwölf Jahren auf die Musik von Lindenberg aufmerksam geworden, ebenfalls als mein älterer Bruder mit einer Udo-Platte nach Hause kam. Und genau wie Stuckrad-Barre, von Udo "Stuckiman" genannt, war ich seitdem mit dem Panikvirus infiziert und bin es bis heute immer noch. Deshalb kann ich mich als Leser dieses Buches besonders gut damit identifizieren, ja es geht mir regelrecht unter die Haut!

Aber das Buch ist eine Autobiografie, wo es sehr viel, aber nicht nur um die Liebe des Autors zur Musik geht und wie sie ihn prägte. Er erzählt sehr offen und ehrlich über seine Sehnsüchte, wie er gerne zur Musikszene gehören wollte, seinen Musikhelden nahe sein und wie es ihm schließlich gelang, durch sein Schreiben für den "Rolling Stone" und andere Magazine, Zugang zu dieser Szene zu bekommen. Dabei blieb es nicht aus, dass er sich ins Nachtleben stürzte, wo nicht nur der Alkohol in Mengen floß, sondern auch diverse Partydrogen dazugehörten.

"Stuckiman" offenbart viel von seiner Persönlichkeit, seinen Ängsten, seinen Sehnsüchten, seinen Selbstzweifeln. Gnadenlos beschreibt er seine Abstürze, seine Drogenexzesse, seine Magersucht, die schließlich zur Bulemie wird. Immer wieder geht er in Kliniken, läßt sich behandeln, macht mehrere Drogenentzüge und meistens kommen die Rückfälle schneller als gedacht und alles geht wieder von vorne los. Zum Glück hat er einige Menschen in seinem Umfeld, die ihn da immer wieder rausziehen, einer davon ist Udo Lindenberg.

Und trotz des Ernstes der Thematik gibt es auch jede Menge Komik im Buch. Wenn er die Szenen mit Udo beschreibt, wo er mit ihm nach L.A. reist und punktgenau von Udos Art erzählt, der immer die lockerlose Udo-Sprache drauf hat, egal mit wem er es zu tun hat, das ist einfach köstlich! Und wer trifft schon Courtney Love in der Raucherecke und Marius Müller-Westernhagen beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt?

Das Buch ist geradezu sprachgewaltig, so dass ich es sehr aufmerksam und besonders langsam gelesen habe, um ja nichts zu verpassen. Ähnlich wie Udo, entwickelt Stuckrad-Barre eigene Wortkreationen, aber ohne Lindenberg nachzuahmen.

"Stuckimans" Geschichte hat mich sehr berührt, ich war schon vom Lesen high, hab mit ihm im Entzug gelitten, hab jede Songtext-Zeile mitgesungen und war von Udos vorurteilsfreier Fürsorge völlig geflasht.

Ich wünsche dem Autor von ganzem Herzen, dass er es packt, dass er weiterhin mit sich und seinem neuen Kamillenteeleben zufrieden ist, vielleicht sogar die Schönheit der drogenfreien Nacht entdeckt und uns noch viele richtig gute Bücher beschert.

Von mir also: absoluter LESEBEFEHL und keine Panik!!!!

 

 

 

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 11. April 2016 um 22:51

GENAU SO ist dieses Buch - schöne Rezension! 

Udo Lindenberg war für mich ja eigentlich immer ziemlich egal (bis auf die tolle Zusammenarbeit mit "Freundeskreis"), mein großer Bruder hat sich auch immer ein wenig lustig gemacht über ihn - aber wie kann ich, nach diesem Buch, kein Udo-Fan sein? 

Gut fand ich an dem Buch zudem, dass Stuckrad-Barre, oder richtiger natürlich "Stuckiman", vieles aus seinem Leben gar nicht aufzählt. Die Serie "Stuckrad bei den Schweizern", seine eigene Late-Night-Show, auch seine Romane werden, bis auf "Soloalbum", tatsächlich mit keinem Wort erwähnt. 

Viele Autobiographien kranken ja ein wenig daran, dass wirklich ALLES aufgezählt wird.

So, jetzt weiter alte Udo-Platten entdecken... 

UJac kommentierte am 16. April 2016 um 12:31

Danke für Deinen netten Kommentar!! Ich bin ja schon seit der ersten Platte Udo-Fan.. :-) Dann noch viel Spaß mit Udos Musik! Er ist ja bald auf Tour, solltest Du Dir nicht entgehen lassen, die Show ist wirklich genial!!