Rezension

bestes buch des jahres

Der gefährlichste Ort der Welt
von Lindsey Lee Johnson

Worum es geht:

Willkommen in Mill Valley! Willkommen am gefährlichsten Ort der Welt!
Als Tristan Bloch eines Morgens auf sein Fahrrad steigt und losradelt, auf die Golden Gate Bridge zu, den heißen, schweißnassen Kopf gesenkt, da ahnen wir schon, dass ihn der Verrat seiner Angebeteten, Calista, vernichtet hat. Sein Liebesbrief wurde auf Facebook gepostet, und das war ihre Schuld.

Fünf Jahre später: Kurz nach dem dramatischen Ende einer Abschlussparty betrachtet Calista, Tristans erste und letzte große Liebe, in dem Versuch, die Ereignisse zu begreifen, ein altes Klassenfoto – Tristan, lachend, in seinen unmöglichen grellgelben Trainingshosen, der sanfte Dave Chu, der durchtriebene Ryan Harbinger, Baseball-Captain und Schwarm aller Mädchen, Abigail Cress, damals noch Calistas beste Freundin, die später mit einem Lehrer anbandelte, und all die anderen, die mit dem Leben und der Liebe gespielt hatten. Ihre fröhlichen Gesichter täuschen. »Sie taten, was sie konnten, um zu überleben.«

Für einen von ihnen war Mill Valley, das verträumte reiche Städtchen über der Bucht von San Francisco, ein vermeintliches Paradies, zur Hölle geworden. Und sie, die zurückblieben, waren vom Leben gezeichnet, noch bevor es richtig begonnen hatte. - dtv.de

Meine Meinung:

"The most dangerous place on Earth" fiel mir bereits in den englischen Vorschauen auf, doch konnte ich mit der Inhaltsangabe kaum was anfangen. Paar Monate später fiel mir der Titel in der deutschen Version im DTV Katalog auf. Diesmal sprach es mich weitaus mehr an. Als dann auch noch Vorablesen.de das Buch ins Programm nahm versuchte ich mein Glück! Das Buch schien mich regelrecht zu verfolgen und nach der Lektüre der Leseprobe hatte ich bereits Gänsehaut. Ich bin allerdings ein recht ungeduldiger Mensch, sodass ich nicht abwartete, ob ich bei vorablesen gewinnen würde oder nicht. Ich besorgte mir das Buch auf Englisch.
(Was gut war, denn ich gewann natürlich nicht bei vorablesen).

Lindsey Lee Johnsons Debüt beginnt mit einem Liebesbrief an Callie. Die dreizehnjährige ist überfordert und angewidert und sucht Hilfe bei ihren Freunden. Die Ausartung in Mobbing lässt den Leser geschockt zurück. Wer nicht mehr weiss wie fies und Skrupellos Teenager sein können, wird hier wieder dran erinnert. Tristan Block, der Schreiber des Briefes, sieht nur noch einen Ausweg: Suizid.

Das erste Kapitel ist Wegweiser der Geschichte. Wer nun auf aufmunternde Lektüre hofft, wird enttäuscht. 5 Jahre später müssen die Klassenkameraden Tristans anfangen sich Gedanken über die Zukunft zu machen. In abwechselnden Perspektiven werden die Leben der Hinterbliebenen beleuchtet. Bewusst oder unbewusst, Tristan hat ihr Leben verändert. Über den Kurs des letzten Highschooljahres folgen wir den Dramen der Lehrer und Schüler von Mill Valley. Da ist Callie, die sich jetzt Callista nennt und die meiste Zeit High ist um nicht über Tristan nachzudenken. Abigail, die an dem falschen Ort nach Liebe sucht. Dave, ein Mittelmäßiger Schüler der unter dem Druck seiner Eltern zu zerbrechen droht. Nick, das Genie, der Kriminelle. Was mich an den Figuren hier auch besonders begeisterte war der Umstand, dass keiner nur ein Klischee war. Die Partymaus = Check. Der Schulstreber = Check. Lindsey Lee Johnsons Protagonisten haben Tiefen, Ecken, Kanten und etwas Echtes. Vielleicht ist es das was den Leser so erschreckt. Die Schüler sind egozentrisch, smartphonesüchtig und privilegiert. Sie sind aber auch verletzt, empathisch, verliebt, verzweifelt.

Mobbing und Depressionen sind jetzt keine neuen Themen, wieweit der Erwartungsdruck von Eltern Kindern treiben kann, haben wir sicherlich schon dutzende Male gelesen. Dennoch schafft Lindsey eine beängstigende Atmosphäre die mich sowohl ekelte als auch schockierte. Vor allem die anscheinende Abgestumpftheit der Schüler war erschütternd. Das Dilemma der reichen Eltern die mehr Zeit auf der Arbeit verbringen als mit ihren Kindern, oder ihre Kinder zu sehr bemuttern. Man scheint es keinem Recht machen zu können. Ab wann übt man Druck aus, ab wann hilft man seinem Kind? Solange die Noten stimmen haben die Kiddies hier anscheinend freie Bahn, und nutzen das aus. Konsequenzen scheint hier keiner zu kennen. Wie moralisch ist man, wenn man keine Grenzen hat? Selten konnte ein Buch für mich so die Spannung halten. Einzig das Ende fiel mir persönlich ein wenig zu flach aus. Man kann Lindsey Lee Johnson nur gratulieren an ihrem Einfallsreichtum, welches teilweise zwar übertrieben aber immer noch das Gefühl von Normalität behält. Eben darum bin ich froh die Schulzeit hinter mir zu haben.

Sowohl für ein Publikum ab 15 Jahren als auch für Erwachsene.