Betty - die Frau vom "untadeligen Mann"

Eine treue Frau
von Jane Gardam

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt / Klappentext:

Manchmal vergisst Betty, dass sie keine Chinesin ist, so selbstverständlich nah ist ihr das Land, dessen Sprache sie seit Kindertagen beherrscht. Diese elementare Liebe zum Fernen Osten verbindet sie tief mit ihrem künftigen Mann Edward Feathers, dem jungen Star unter den Richtern der Krone in Hongkong. Als Betty Edward ewige Treue verspricht, weiß sie intuitiv, dass ihre Ehe kaum auf wilder Leidenschaft gründen wird. Doch sie ahnt nicht, dass sie nur eine Stunde später der Liebe ihres Lebens begegnen wird, Edwards Erzrivalen Terry Veneering ...

Meine Meinung:

Dieses Buch ist der zweite Teil zu "Ein untadeliger Mann", was ich kürzlich auch gelesen hatte. Es ist zwar ein abgeschlossener Roman, aber erst im Zusammenhang mit dem "untadeligen Mann", macht dieses Buch richtig Sinn (weshalb man letzteres möglichst zuerst lesen sollte). Denn darin waren einige Geschehnisse nur angedeutet, über die man sehr wenig erfahren und viel gerätselt hat. So wie darin überhaupt wenig über Edwards Ehefrau Betty zu erfahren war. Denn im "untadeligen Mann" wurde die Geschichte aus Sicht des Ehemanns erzählt, über sein Leben, seine Kindheit und seine Sicht auf die Ehe mit Betty.

In "Die treue Frau" wird nun die Geschichte aus Bettys Sicht erzählt. Ein paar Dinge aus dem ersten Teil werden verständlicher, einige Andeutungen werden hier aufgelöst (worauf ich hier jetzt nicht näher eingehen möchte, um zukünftigen Lesern nichts vorwegzunehmen).

Auch dieses Buch ist wieder sehr britisch, aber flüssiger zu lesen, nicht ganz so störrisch wie der erste Teil. Aber das ist widerum auch das Besondere an dieser Trilogie, denn der Schreibstil scheint sich an den Protagonisten zu orientieren: Edward, der "untadelige Mann" ist ein sehr distanzierter Mensch, beinahe gefühlskalt, sehr kopflastig und so wirkt auch das Buch. Dagegen spürt man in der "treuen Frau" ganz deutlich das Weibliche, die Auseinandersetzung mit der großen Frage, ob man in der Liebe der Leidenschaft oder der Vernunft folgen sollte.

Schon die Cover unterscheiden sich in dieser Hinsicht und passen genau zu den Protagonisten: Filth mit dem grünen Karo-Pullovermuster, sehr bieder, geradlinig. Dagegen bei Betty ein roter, bestickter Seidenstoff, asiatisch anmutend, zart und sehr verspielt. Absolut gelungen!

Für mich bietet das Buch sehr großen Lesegenuss, es ist tiefgründig und wunderbar geschrieben. Es gab mir Antworten auf Fragen, die nach dem "untadeligen Mann" offen blieben, aber es bringt auch wieder neue Unklarheiten mit sich. Und nun hoffe ich, dass sehr bald auch der dritte Teil erscheint, der dann wohl aus Sicht von Edwards "Erzrivalen" Veneering geschrieben sein soll.

Ich finde es eine ganz großartige Idee, im Grunde eine Geschichte auf diese Weise aus drei verschiedenen Perspektiven zu erzählen.