Rezension

Bewegende Geschichte, leise und sensibel erzählt

Und damit fing es an - Rose Tremain

Und damit fing es an
von Rose Tremain

Bewertet mit 4.5 Sternen

Über sieben Jahrzehnte, beginnend wenige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg, erzählt dieser berührende Roman in leisen, sensiblen Tönen die Geschichte von Gustav Perle und seiner lebenslangen Freundschaft zu dem musikalisch begabten Anton. 
Die Geschichte spielt in der Schweiz.
Das Buch ist in drei große Abschnitte unterteilt, wobei mich die ersten beiden besonders berührt haben. 
Im ersten Teil, der in der Nachkriegszeit angesiedelt ist, geht es um die Kindheit der ungleichen Freunde. Gustav, Sohn einer mittellosen Witwe, hat schon früh gelernt sich "zu beherrschen" und seine Gefühle für sich zu behalten.
Er liebt seine Mutter sehr, obwohl diese ihn stets sehr distanziert behandelt. Von seinem verstorbenen Vater, einem ehemaligen Polizisten, weiß er nur, dass dieser ein Held gewesen sei. 
In der Vorschule lernt er eines Tages Anton Zwiebel kennen, den einzigen Sohn einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie. Die beiden ungleichen Jungen fühlen sofort tiefe Verbundenheit und legen in diesen Jahren den Grundstein für Ihre Freundschaft. 
Rose Tremain erzählt diesen Abschnitt in einer zarten, fast schon kindlich anmutenden Sprache, so dass man als Leser tief in die Seele des kleinen Gustav blicken kann.
Vieles, dass in seiner Umwelt geschieht, kann er noch nicht wirklich begreifen, aber seine Gefühle sind intensiv und stark. 
Auch der zweite Teil des Romans hat mich sehr bewegt. Er beginnt kurz vor dem zweiten Weltkrieg und erzählt die Geschichte von Gustavs Eltern.
 Als Leser versteht man Emilies schroffe Art besser zu verstehen. Sie, die als junges Mädchen so viele Träume und Hoffnungen hatte und vom Leben immer wieder enttäuscht wurde, ist vor der Realität geflogen und hat die Vergangenheit verklärt. Die Bedürfnisse ihres Sohnes übersieht sie jedoch dabei. 
Nach den ersten beiden äußerst starken Abschnitten fällt der dritte Teil leider etwas ab. Wieder geht es um Gustav Perle, nun ein reifer Mann über 50, der mit Fleiß, Disziplin und etwas Glück Besitzer eines kleinen Hotels, dem Hotel Perle, wurde und seine immer noch bestehende Freundschaft zu Anton. 
Diesen Abschnitt hätte ich mir etwas ausführlicher gewünscht. Es gibt einige Zeitsprünge, so dass die Geschichte nur wie eine Aneinanderreihung verschiedener wichtiger Ereignisse wirkt. 
Hier fehlte mir etwas die Tiefe und das Gefühl der vorangegangenen Abschnitte um die Veränderungen der Freundschaft der beiden Männer besser nachvollziehen zu können. 
Trotzdem ist das Buch ein hervorragende Roman, der durch die wunderschöne, sensible Erzählweise von Rose Tremain besticht und dem ich viele Leser wünsche. Sehr empfehlenswert!