Rezension

Bezaubernde Vietnam-Geschichte

Die kleine Souvenirverkäuferin - François Lelord

Die kleine Souvenirverkäuferin
von François Lelord

Juliens Geschichte, und auch die der jungen Vietnamesin Herbstlicht, spielt in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und wirkt daher vielleicht in manchen Begebenheiten auf den Leser etwas antiquiert. Ich persönlich empfand es als einen wunderschönen, einfühlsamen und zauberhaften Einblick in das Vietnam dieser Zeit aus der Sicht eines Franzosen.
Eigentlich ist die Geschichte eine sehr leise, doch Francois Lelord versucht immer wieder Elemente mit einzubringen, die doch an einen medizinischen Thriller erinnern. Es ist sicher Geschmackssache, mir hat der Teil gefallen, auch wenn er doch etwas ausführlich hätte sein dürfen und sicherlich auch ein eigenes Buch hätte füllen können. Genauso wie die sich miteinander verbundenen Geschichten von Julien und Herbstlicht diesen Teil nicht gebraucht hätten.

Die Beschreibungen Vietnams sind mir ans Herz gegangen, weil sie so still und auch zugleich voller Zuneigung für dieses Land sind. Allein schon wie der Autor die Stadt Hanoi mit einer anderen Stadt vergleicht, wenn er sie umschreibt, zeigt das so viel Gefühl. Man bekommt richtig Lust, seine Stadt zu besuchen und kennen zu lernen.
Aber auch diese schwierige asiatische Mentalität bringt er dem Leser hervorragend rüber. Daher ist es hier eigentlich auch besser, dass nicht ein Einheimischer, sondern ein Franzose der hauptsächliche Erzähler dieser Geschichte ist. Durch ihn lernt man besser zu verstehen. Und die Abschnitte zwischendurch, die von Herbstlicht erzählt werden, zeigen doch auch noch mal sie selbst, ihren Charakter, ihre Bedürfnisse und Wünsche auf. So lässt Francois Lelord nichts offen.

Julien kam mir manchmal wie ein Teenager-Mädchen vor, das sich in jedes männliche Wesen verliebt, das ihr gerade über den Weg läuft. Er ist alles andere als gefestigt und wirkt dadurch auf mich manchmal auch ziemlich unsicher. Schon der erste Satz zeigt dies deutlich. Doch trotz allem entwickelt man Verständnis für ihn, wenn ich persönlich auch manchmal wirklich leicht genervt war, wenn er schon wieder eine schöne Frau entdeckt und sich fast in sie verliebt. Letztendlich bleibt es doch dieses Dreieck zwischen ihm, Clea und eben Herbstlicht. Dabei finde ich faszinierend, dass mir keine der Frauen lieber war. Lelord stellt sie wirklich so dar, dass ich beide mochte und beiden diese Liebe von Julien gegönnt hätte.

Fazit

Ein wundervoller Roman, der einem Vietnam wirklich näher bringt. Jedoch, so schön ich das Buch, den Schreibstil und das Feinfühlige fand, fehlt mir doch etwas mehr Herz, etwas mehr Rührung und etwas mehr Bewegendes. Es konnte mich einfach nicht zu 100 Prozent, sondern nur zu 99 Prozent überzeugen. Dennoch absolut empfehlenswert, wenn man mehr über dieses Land lesen möchte.