Rezension

Bietet alles, was einen guten Psychothriller ausmacht

Heimweh - Marc Raabe

Heimweh
von Marc Raabe

Bewertet mit 4 Sternen

Ein ausgesprochener Krimi-/Thrillerfan bin ich nicht gerade, so dass ich aus diesem Genre eigentlich nur gezielt und sehr wählerisch auf Bücher deutscher Autoren zurückgreife. Das vorliegende Buch ist meinen hohen Erwartungen gerecht geworden.

Doch worum geht es? Trotz eines guten Jobs als Kinderarzt und einer anhänglichen kleinen Tochter ist Jesse Berg nicht so recht glücklich. Ihn quält, dass er im Alter von 13 Jahren einen „Unfall“ gehabt haben soll, der seine Erinnerung an sein davor liegendes Leben ausgelöscht hat. In Albträumen wird er davon heimgesucht, wie er lebendig in einem Grab vergraben wird und in zugefrorenem Eis einbricht. Als seine Ex-Frau ermordet und seine Tochter entführt wird, kehrt er auf der Suche nach seinem Kind zurück in das Kinderheim, in dem er aufgewachsen ist. Dort trifft er auf seine früheren Freunde und den ehemaligen Heimleiter sowie auf weitere Leichen.

 

Wer Psychothriller gerne liest, speziell solche von Marc Raabe, sollte sich dessen drittes Buch nicht entgehen lassen. Spannend ist es von Anbeginn an und bleibt es bis fast zum Ende. Hier werden alle Fragen schlüssig aufgelöst. Dazwischen liegen zwei zu verschiedenen Zeiten angelegte  und abwechselnd erzählte Handlungsstränge – Jesses Leben im Heim in den 70er/80er Jahren und seine Suche nach seinem Kind 32 Jahre später. Die Schilderungen aus dem Heim entsprechen allen Klischees, die man von solchen Einrichtungen hat – Strenge, Mobbing, Hackordnung – und gehen schon etwas an die Nieren. Dass in dieser Zeit der Schlüssel zu den gegenwärtigen Vorkommnissen liegt, ist klar, aber welche Verflechtungen dann tatsächlich bestehen, ist hanebüchen, aber nicht fern jeglicher Realität. An den Passagen zur Gegenwart fasziniert besonders, dass alle ehemaligen Heimbewohner und –mitarbeiter irgendwie verdächtig sind und sich nicht sagen lässt, wem man überhaupt trauen kann. Sogar die Person Jesses wirft Rätsel auf. Auf jeden Fall lässt sich gut über das Geschehen spekulieren. Obwohl es einige Leichen gibt und einige brutale Szenen beschrieben werden, hält sich die Blutrünstigkeit in Grenzen.

Genauso muss für mich ein guter Psychothriller sein.