Rezension

Bildgewaltig und ergreifend nüchtern

So, und jetzt kommst du
von Arno Frank

Bewertet mit 4 Sternen

Bildgewaltige Erzählung aus der ergreifend nüchternen Realität eines Kindes!

Zum Cover kann ich nur sagen, absolut passend für die 80er Jahre. Polaroid, der Inbegriff der fotografischen Freiheit mit der fetten Bauhaus-Schrift passen wie die Faust aufs Auge. Kein Schnick-Schnak, keine Schnörkel, plakativ wie die Zeit damals auch war. Ob es geschmacklich meine Vorstellung trifft sei dahingestellt, es trifft auf jeden Fall den Nerv der Zeit. Ich finde es köstlich hässlich.

In 4 Teilen begleiten wir den Jungen Arno mit seiner Familie auf einer Odysee durch Frankreich und Portugal. In der kindlichen Naivität eines kleinen Jungen erzählt er zunächst von seiner unbeschwerten und verklärten Kindheit, in der in allen Ecken und Winkeln noch die großen Wunder stecken. Er wird von seinem Vater mit Vorstadt-Weisheiten überschüttet, die der arme Junge für bare Münze nimmt. Getrieben von den betrügerischen Machenschaften des Vaters muss die Familie aber plötzlich von einem Ort zum Anderen ziehen, immer auf den Kosten der Kinder. Bis sie zum Schluß wieder da ankommen, wo alles begann. Die anfänglich unerschütterliche Liebe der Eltern bröckelt, genauso wie der Fassade des Felses in der Brandung, der haltgebende Anker für die Kinder. Bis sie sich zum Schluß nur noch verwahrlost und abgestumpft ihrem Schicksal ergeben müssen. 
Mit einer bildgewaltigen Kulisse beschreibt Arno Frank in seiner Autofiktion in sehr wortgewandter, pointierter und ironischen Sprache die Geschehnisse in der ergreifenden, sarkastischen Nüchternheit, die aus der Sicht eines Jungen entspringt. Einige Andeutungen bleiben im Raum stehen, da sie aus der Perspektive des Kindes nicht anders wahrgenommen wurden und aus seiner Erzählung heraus nicht erklärt werden können. Ein Junge, der fast bis zum Schluß den Vater auf kindlichen Charme idealisiert. Aus der Angst heraus die Eltern und die Familie zu verlieren, lassen die Kinder die Geschehnisse über sich ergehen und ziehen bedingungslos mit. 
Und bis zum Schluß klingt es fast wie eine Hommage an seinen Vater, der niemals die Familie aufgeben wollte. Es gibt keinen Vorwurf, keine Infragestellung, keine Verurteilung. 
Einige der Passagen wirken für mich trotz herausragender Erzählung etwas lang und zu viel. Es ist kein „Roadmovie" mit wilder Verfolgungsjagd, sondern bleibt von der Dramaturgie eher flach. Es ist vielmehr die subtile Erdrückung und Machtlosigkeit durch die bedingungslose Liebe der Kinder, die einem beim Lesen immer wieder das Herz zuschnüren lässt.
Der Epilog hat mich selber dann noch mal sehr ergriffen.