Rezension

Bittersüße Geschichte über Liebe und Verlust

How to be happy 2: Ascheblüte - Kim Leopold

How to be happy 2: Ascheblüte
von Kim Leopold

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Vor zwei Jahren ist Ashton Parker wieder einmal vor seinen Problemen davongelaufen, diesmal nach Toronto. Seine Erlebnisse hat er in einem Buch verarbeitet, das zum Bestseller wurde, doch seitdem verkriecht er sich in seiner Wohnung und versteckt sich vor dem Leben.
Camille Dubois braucht ihren Job beim Verlag mehr als alles andere. Doch ihr Chef will sie nur unter der Bedingung einstellen, dass sie Ashton Parker dazu bringt, ein zweites Buch zu schreiben.
Als Ash, der sich von der ambitionierten, jungen Frau gleichzeitig angezogen und bedrängt fühlt, wieder einmal davonlaufen will, folgt Cami ihm kurzerhand bis nach Irland.

Meinung

"Liliennächte", das Debut der Autorin und der erste Band der "How to be happy"-Reihe, hat mir schon gut gefallen, doch in "Ascheblüte" hat sich Kim Leopold meiner Meinung nach noch einmal gesteigert.
Dieser zweite Band erzählt die Geschichte einer Nebenfigur aus "Liliennächte" weiter, sodass er auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann. Aufgrund einiger Anspielungen auf Band 1 und der Vorwegnahme einiger Ereignisse aus diesem würde ich jedoch empfehlen, die Reihe in der richtigen Reihenfolge zu lesen.
Diese Rezension enthält deshalb auch einen kleine Spoiler über "Liliennächte"!

"Ascheblüte" spielt zwei Jahre nach den Ereignissen in "Liliennächte". Ash ist mittlerweile gefeierter Autor, lebt aber recht zurückgezogen und einsam. Sein einziger Freund ist ein Barkeeper namens Joey, zu Jamie und Lily hat er den Kontakt abgebrochen. Noch immer wird er verfolgt von den Erinnerungen an die Frauen, die er geliebt und auf die eine oder andere Weise verloren hat.
Es tut unglaublich weh den Ash, den man in "Liliennächte" schon kennen und lieben lernen konnte, so einsam und verletzlich zu erleben. Gleichzeitig kann man ihn verstehen, so oft, wie er schon verletzt wurde.
Doch als Ash auf Cami trifft, entdeckt man wieder seine liebevolle, fürsorgliche Seite: den Ash, der hilflose Menschen nicht einfach vor seiner Tür stehen lässt; dessen Herz dahinschmilzt, wenn jemand Hilfe braucht. Diesen Gefühlen nachzugeben ist für ihn jedoch nicht einfach, da er nach der Sache mit Rose ein tiefes, nur allzu verständliches Misstrauen gegen Frauen hegt, die ihm zu nahe kommen.
Dieser Zwiespalt zwischen dem Wunsch, nie wieder verletzt zu werden, und dem Bedürfnis, verletzten Menschen zu helfen, macht Ash unglaublich menschlich und sympathisch, auch wenn man ihn für seine Sturheit und Selbstverleugnung gerne manchmal schütteln würde.

Auch Camille (Cami), die als Figur neu in die Reihe eingeführt wird, hat Erfahrungen mit dem Davonlaufen, doch im Gegensatz zu Ash versteckt sie sich nicht vor ihren Problemen, sondern ist eine Kämpferin. Sie ist erfrischenderweise nicht das brave Märchen von nebenan wie viele andere Protagonistinnen, sondern kann durchaus abenteuerlustig und aufmüpfig sein, wodurch sie allerdings auch schon schwere Fehler begangen hat.
Wenn es um ihren Traumjob geht, den sie nicht nur für ihr finanzielles sondern auch für ihr privates Glück braucht, lässt sie sich nicht so leicht abwimmeln. Denn Cami hat es schon schwer genug mit ihrem Mann Mick, den sie viel zu früh geheiratet hat und der, seit er seinen Job verloren hat, anfängt, seinen Frust an ihr auszulassen.

Das Thema häusliche Gewalt geht die Autorin hier sensibel und realistisch an, denn sie beschreibt sehr eindringlich, wie schwer es fallen kann, sich von einem geliebten Menschen zu lösen, selbst wenn dieser einem nicht guttut. Cami sucht die Fehler bei sich, gibt sich die Schuld für Micks Verhalten und kann nicht glauben, was aus ihren Mann geworden ist, in den sie einst so verliebt war. So schmerzhaft dies beim Lesen ist, so realistisch ist es leider doch.
Gerade, weil man für dieses Thema gar nicht genug sensibilisiert sein kann, hätte ich mir gewünscht, dass der Prozess der Erkenntnis, dass sich niemand unter keinen Umständen misshandeln lassen muss, noch etwas genauer behandelt worden wäre. Für mich war zum Teil etwas unklar, ab wann genau Cami zu dieser Erkenntnis kommt und sich vornimmt, sich von Mick abzunabeln.

Insgesamt ist auch Cami eine sehr interessante und liebenswerte Figur, denn auch sie hat schwere seelische Verletzungen erlitten und es fällt ihr schwer, anderen zu vertrauen.
Man kann sich denken, welches Gefühlschaos dabei herauskommt, wenn zwei solcher Menschen aufeinandertreffen, wie es in "Ascheblüte" der Fall ist. Einerseits sind Cami und Ash das, was der jeweils andere braucht, andererseits sind sie beide noch nicht bereit für einander.
Besonders gut gefallen hat mir, dass Kim Leopold das ganze Buch über ihren Figuren treu bleibt, auch wenn das die Geschichte nicht immer so leicht macht, wie man es sich als Leser*in für die Figuren wünschen würde.
So zieht sich die Tatsache, dass weder Cami noch Ash sich mehr von jemand anderem abhängig machen wollen, durch das ganze Buch, was nur verständlich ist angesichts der Tatsache, wie sehr beide verletzt wurden.
Dadurch entgeht "Ascheblüte" auch der Gefahr, der viele andere Liebesroman erliegen und erzählt hier nicht die Geschichte der atmen, verletzten Frau, die durch den einen Mann wieder ins Leben zurückfindet. Stattdessen geht es um zwei Menschen, die beide ihre starken und verletzlichen Seiten haben und erkennen müssen, dass man diese verletzlichen Seiten nicht immer von der Welt feenhaften kann.
Auch idealisiert "Ascheblüte" nicht die Idee der einen großen Liebe, sondern zeigt auf berührende Weise, dass Neuanfänge und eine neue Liebe immer möglich sind, wenn man sich erlaubt, sich von der Vergangenheit zu lösen.

Auch mit interessanten und sympathischen Nebenfiguren kann "Ascheblüte" genau wie sein Vorgänger wieder aufwarten. Wir lernen neue und alte Bekannte kennen und werden äußerst neugierig gemacht auf deren Abenteuer, die zum Teil im vierten Band der Reihe eine Rolle spielen werden.
Das Auftauchen einer Figur aus Band 1 schließt auch einen dort entstandenen Konflikt mit Ash ab, der mir besonders zu schaffen gemacht hatte.
Auch das Bild der nicht perfekten, aber dafür liebevollen Familien und Freundeskreise, das man bereits aus "Liliennächte" kennt, wird hier weitergeführt und wirkt weiterhin sehr authentisch.

In manchen Punkten macht es sich "Ascheblüte" dann aber doch zu leicht, wenn es um die Entwicklung der Geschichte geht, und wie schon bei "Liliennächte" hätte ich mir einfach 100 Seiten mehr für die Geschichte gewünscht.
Zum Beispiel hätte Ash meinem Empfinden nach noch länger abweisend zu Cami sein können, da er ja auf keinen Fall will, das sie durch seine weiche Schale dringt. Als sie ihm nach Irland folgt, akzeptiert er sie für meinen Geschmack zu schnell, auch wenn es natürlich das ist, was man sich als Leser*in letztendlich wünscht ;).
Generell ist der ganze Spontanflug nach Irland vielleicht etwas zu spontan, obwohl ich das natürlich nicht beurteilen kann, da ich es noch nie selbst ausprobiert habe :D.
Auch eine weiterer Konflikt am Endes des Buches, über den ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten möchte, wurde für meinen Geschmack viel zu leicht gelöst, dafür, dass er schon lange Zeit besteht.

Obwohl Drama bei zwei so vom Leben gezeichneten Figuren wie Ash und Cami natürlich vorprogrammiert ist, war es für meinen Geschmack manchmal auch zu viel des Guten, gerade wenn dann zu der Sache mit der häuslichen Gewalt noch Camis Familiengeschichte kommt (auch wenn natürlich beides irgendwie zusammenhängt).
Auf einen bestimmten Moment gegen Ende des Buches sowie die Reaktion darauf, die ich leider schon aus zu vielen anderen Büchern als den letzten dramatischen Moment vor der Auflösung kenne, hätte ich auch gut verzichten können, auch wenn ich zum Teil nachvollziehen konnte, dass es zu der betreffenden Figur passte.

Die ersten Begegnungen zwischen Ash und Cami fand ich zum Teil auch problematisch. Einerseits bringen sie die weiche, mitfühlende und hilfsbereite Seite von Ash zum Vorschein, die ich sehr gerne mag und von der man durch Rose schon weiß, dass sie sein Schwachpunkt ist. Andrerseits konzentriert sich seine Faszination für Cami anfangs auch sehr auf ihr Aussehen und ihre Hilflosigkeit und zu wenig auf sie als Person, was ich etwas schade fand.
Die Tatsache jedoch, dass Camille sich Mühe gibt, nicht hilflos zu wirken sondern stark zu sein, macht das zum Teil wieder wett.

Fazit

"Ascheblüte", in meinen Augen noch ein wenig stärker als sein Vorgänger "Liliennächte", erzählt liebevoll eine herzerwärmende und -zerreißende Geschichte von Verlust und Vertrauensbrüchen und bleibt dabei durch die Botschaft, dass Liebe es immer wert ist, gewagt zu werden, dem Reihentitel "How to be happy" treu.
Sowohl die Haupt- als auch die meisten Nebenfiguren muss man einfach gernhaben und kann nicht anders, als mit ihnen zu leiden und sich zu freuen.
Wie auch "Liliennächte" hätte "Ascheblüte" meiner Meinung nach gerne gut 100 Seiten länger sein und sich so einigen Entwicklungen ausführlicher widmen und dafür auf bestimmte Aspekte verzichten können.
Von mir gibt es sehr gute 4 Sterne und eine Empfehlung an alle Fans von Liebesromanen mit ernstem Kern.