Rezension

Blum und Rache

Totenfrau - Bernhard Aichner

Totenfrau
von Bernhard Aichner

Bewertet mit 4 Sternen

Ein mutiges Buch, das sich durch seine ungewöhnliche Sprache hervorhebt. Deshalb verzeihe ich auch ein paar Unstimmigkeiten und eine gewisse Vorhersehbarkeit. Die Sprache ist es wert, dieses Buch zu lesen!

Blum ist anders, die Totenfrau ist anders. Und genau das mag ich – Geschichten, die mich überraschen. Das ist Bernhard Aichner mit seinem Thriller über die Rache der Bestatterin Blum perfekt gelungen. Schon ganz am Anfang wird mir klar, dass ich mich einlassen muss … auf den ungewöhnlichen Schreibstil und auf die ungewöhnliche Hauptfigur. Bernhard Aichner hat eine sehr minimalistische und eindringliche Sprache für seinen Roman gewählt. Er schreibt selten komplette Sätze, wie ich es gewohnt bin. Viele Sätze bestehen nur aus ein oder zwei Worten. Das kann sehr eindringlich sein und einiges ging mir sehr sehr nah. Die Trauer von Blum ist so ziemlich das Emotionalste, was ich in dieser ungewöhnlichen Form gelesen habe. „Mark liegt in ihren Armen. Blum schreit.“ (S.44) So wenige Worte lassen mir Platz für meine Gedanken und können so viel ausdrücken. Mir schossen die Tränen in die Augen! Und dann diese Dialoge. Bernhard Aichner bettet sie nicht in seine Geschichte ein, sondern gibt ihnen einen eigenen Platz. Auch das ist anders.

 

Ich habe mich eingelassen, aber ich muss zugeben, was mich anfangs sehr begeistert hat, nutzte sich dann doch etwas ab. Ich fand es anstrengend, dauerhaft auf „ganze“ Sätze zu verzichten. Es gab nicht nur authentische Dialoge, manche waren einfach absurd und unglaubwürdig. Blum ist eine sehr „spezielle“ Frau. Und sie ist eine sehr taffe Frau.Was sie einmal angefangen hat, das zieht sie durch und das imponiert mir. Ich erfahre einiges über ihre Kindheit im Bestattungshaus und hörte irgendwann auf, mich zu wundern. Ja, ich konnte vieles an ihrem Verhalten nachvollziehen, aber nicht alles. Leider ahnte ich auch schon recht früh, worauf das alles hinauslaufen würde. Deshalb war die Spannung für mich ein bisschen raus.

 

Die Brutalität hat mich nicht so gestört. Ich schaue mir auch Serien wie Dexter gerne an. Manches erinnerte mich auch daran. Hier kam mir der minimalistische Schreibstil sehr entgegen. Dadurch konnte Blums Rachefeldzug gar nicht in einer detaillierten Blutorgie ausarten. Ich musste beim Lesen immer wieder Pausen einlegen … zum Nachdenken und damit sich einiges „setzen“ konnte. Immer wenn Bernhard Aichner über Nähe schrieb, dann packte es mich. Ich bekam Gänsehaut, das hat er wirklich perfekt hinbekommen. Und am Ende … da beantwortet er mir im letzten Kapitel die Frage, die mir die ganze Zeit auf der Seele brannte. Und da habe ich das Buch zufrieden zugeklappt, es war rund und es war sehr stimmig!

 

Ein mutiges Buch, das sich durch seine ungewöhnliche Sprache hervorhebt. Deshalb verzeihe ich auch ein paar Unstimmigkeiten und eine gewisse Vorhersehbarkeit. Die Sprache ist es wert, dieses Buch zu lesen!