Rezension

Bruderzwist im Hause Hautville - fesselnd

Der Sturm der Normannen - Ulf Schiewe

Der Sturm der Normannen
von Ulf Schiewe

Bewertet mit 5 Sternen

„...Für einen Augenblick schloss ich die Augen und lauschte dem leisen Gurgeln des Flusses und den letzten Vogelrufen des schwindenden Tages...“

 

Wir befinden uns in Kalabrien des Jahres 1057. Robert Guiscard ist wütend. Die Belagerung von Cosenza zieht sich hin. Da aber behauptet sein jüngerer Bruder Roger, er könne in die Stadt eindringen. Robert hört sich seine Vorschläge an und lässt einen konkreten Plan ausarbeiten.

Der Autor hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte wird von Gilbert erzählt, Roberts Schildträger und Vertrauter. Es ist der vierte Teil der Normannensaga. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Die Personen sind gut charakterisiert. Im Mittelpunkt steht Robert und seine Familie. Während Robert bei all seinem Tun auch einen Blick für zukünftige Entwicklungen hat und diplomatisch geschickt agiert, kann man das von der Mehrzahl seiner Geschwister nicht sagen. Sie liebäugeln mit schnellem Landgewinn und sind sich für räuberische Überfälle nicht zu schade. Das führt zu Bruderzwist, vor allem als es um das Verhalten gegenüber Salerno geht. Andere Barone glauben, im Spiel um die Macht mitmischen zu können. Plötzlich liegt es an Gilbert, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen.

Den Frauen räumt der Autor in seinen Romanen immer einen großen Platz ein. Auf drei der Protagonistinnen möchte ich mich beschränken. Das wäre Gaitelgrima, Prinzessin von Salerno, die schon mit dem zweiten Bruder von Robert verheiratet wurde. Der einzige aber, der sie interessiert, ist Robert. Zum anderen ist es Sichelgaita, ihre Nichte. Die junge Frau hat ein gutes politisches Gespür, ist eine exzellente Reiterin und hat wenig für Haus, Hof und Küche übrig. Die Dritte im Bunde ist Gerlaine, Gilberts Frau. Ihre Visionen zeigen häufig, was passieren wird. Sie sieht ihren Mann lieber an ihrer Seite als in Kampf und Streit.

Die Geschichte lässt an jeder Stelle die exakte und umfassende Recherche des Autors spüren. Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Es gibt spannende Kampfszenen, wobei der Autor nicht jede Phase bis in die letzte Grausamkeit ausschmückt, sondern das Große und Ganze im Blick hat. Bei den Zweikämpfen sieht es logischerweise anders aus. Ab und an kehrt Ruhe ins Geschehen ein. Da darf Gilbert zeigen, dass er eine fast philosophische Ader hat und über viele Dinge des Lebens nachdenkt. Obiges Zitat stammt aus einer dieser Abschnitte und lässt erkennen, dass auch ein romantische Sprachstil an einigen Stellen vorhanden ist. Durch Gilberts Kämpfer lerne ich als Leser manche Gefahren ihres Lebens kennen, die nicht nur mit dem Krieg zu tun haben. Gleichzeitig macht der Autor deutlich, dass die eigentlichen Leidtragenden die Bauern waren. Während die hohen Herrschaft hinter sicheren Mauern saßen, wurde deren Ernte zerstört und deren Felder verbrannt. Der Autor malt ein vielschichtiges Bild der damaligen Lebensverhältnisse. Auf dem Kriegsfeld ging es anders zu als in den Städten. Ebenfalls thematisiert werden die Unterschiede in der Lebensart der Normannen und der Lombarden. Ab und an gibt es Informationen, was in andren Teilen der Welt gerade so passiert.

Ein ausführliches Personenregister und das Nachwort des Autors schließen das Buch ab.

Das Cover mit dem Reiter vor den brennenden Schlachtfeld passt zur Handlung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich habe eine Menge über diese Epoche dazugelernt und wurde spannend unterhalten.