Rezension

Buch gewordener Sexismus

Liebe findet uns - J. P. Monninger

Liebe findet uns
von J. P. Monninger

Bewertet mit 1.5 Sternen

„Ich sah mich um und versuchte zu verstehen, wo wir hier gerade hineingerieten, dann zuckte ich innerlich mit den Schultern und folgte ihm. Schließlich hatte er die Tüte mit dem Essen.“ (S. 77)

Zusammenfassung. Die Geschichte einer stürmischen Liebe, die verschiedene Stationen in Europa überlebt und dann im Angesicht des Alltags zu zerbrechen droht; die Geschichte dreier Freundinnen, die gemeinsam erwachsen werden; die Geschichte einer Reise, die an Orte führt, mit denen keiner der Teilnehmer gerechnet hat.

Erster Satz. Ausgerechnet deine Mutter macht bei der Abschlussfeier am Amherst College in Massachusetts das perfekte Foto von dir und deinen beiden besten Freundinnen.

Cover. Tja, ich muss sagen, dass das Cover mein unglückliches Verhältnis zu diesem Buch schon eingeläutet hatte. Während ich mich aufgrund der Bilder im Internet auf eine romantische stilisierte Abbildung eines Liebespaares gefreut hatte, war mir auf dem tatsächlichen Cover dann leider das Liebespaar zu detailliert. Viel unangenehmer jedoch: Ich mochte das Gefühl des Materials nicht leiden. Das ist halt echt doof, wenn man gut 400 Seiten mit dem Buch in der Hand liest.

Inhalt. Die Geschichte an sich klingt ja irgendwie reizvoll: eine junge Frau reist mit ihren besten Freundinnen durch Europa, dann lernt sie einen Kerl kennen, hat eine tolle Zeit mit ihm, er verschwindet und sie sucht ihn. Schade, dass das nicht der Inhalt des Romans ist! Tatsächlich liegt der Fokus viel weniger als ich erwartet hatte auf der Freundschaft zwischen den jungen Damen, viel weniger auf der Reise durch Europa (geschweige denn auf dem hart angeteasten Tagebuch des ominösen Großvaters) und das mit der verzweifelten Suche ist irgendwie auch Fehlanzeige.
Erwartet man das, was man bekommt, ist es jedoch wahrscheinlich gar nicht so schlecht: Eine stürmische Verliebtheitsphase, schlagfertige Dialoge, ein (in meinen Augen) schönes Ende. Aber leider steht hinter all dem Guten dieses Romans immer ein großes „aber“. Und das größte all dieser Abers sind die handelnden Charaktere.

Personen. Heather ist eine der unreifsten Charaktere, deren Bekanntschaft ich je machen durfte, und leider, leider kann sie auch mit Jacks schlagfertigen Sprüchen so gar nicht umgehen. Wenn das die Reife ist, die amerikanische College-Absolventinnen mitbringen - Prost Mahlzeit. Viel eher vermute ich dahinter jedoch einen (meist) unterschwelligen Sexismus, der an einigen Stellen so augenfällig wurde, dass ich nur mit dem Kopf schütteln konnte. Kostprobe gefällig? Natürlich geraten Heather und Jack aneinander, Heather reagiert völlig (!) über und er beschwichtigt sie mit schickem Auto, teuren Klamotten und Luxushotel. Wow. So tiefgründig. Und immer noch nicht hinweg bin ich darüber, dass sie diese teuren Klamotten anprobiert, bevor sie nach dem Fitnessstudio duschen kann. Alternativbeispiel? Da reicht ein Zitat: „Ich gab Jack die Schuld daran, dass ich meine Zielstrebigkeit verloren hatte. Er hatte mich dazu gebracht, die Anfragen und Informationen der Bank of America weiter zu ignorieren. Dieser dumme Kerl.“ (S. 137)
Dazu kommt die unfassbare Unglaubwürdigkeit der Charaktere und ihre (Achtung, Wortwitz) Charakterlosigkeit. Ganz klare Tendenz zu: Das geht irgendwie gar nicht.

Fazit. Ich war aus zwei Gründen froh, am Ende dieses Buches angekommen zu sein. Zum einen (wie schon oben erwähnt) mochte ich das Ende als solches; aber ich hatte leider auch nicht den leisesten Drang hier noch weiter zu lesen. Was nach diesem Buch bleibt ist das Gefühl, dass alle Handlung, alle Charaktere bloß die lieblose Kulisse für eine nette Idee in bescheidener Umsetzung sind. Und die Frage: Wie fühlt sich ein Cabrio in der Waschanlage? („Wir waren früh genug da, sodass wir uns in der Sicherheitskontrolle nicht wie ein Cabrio in der Waschanlage fühlten.“ (S. 273))