Rezension

Bücherbesessen

Unter der Haut - Gunnar Kaiser

Unter der Haut
von Gunnar Kaiser

Bewertet mit 5 Sternen

Als der Student Jonathan Rosen den älteren Josef Eisenstein trifft, eröffnen sich ihm neue Welten. Er wird sein Schüler in der Wahrnehmung der Schönheit, der Künste, der Frauen.

Der Roman wird in drei Büchern erzählt, vom New York der 60er Jahre beginnend, über Eisensteins Vergangenheit im Deutschland der 20er und 30er Jahre bis nach Israel 1990.

Zunächst erleben wir die Faszination des Ich-Erzählers Jonathan für seinen Lehrer, der als schillernde Gestalt dargestellt wird und schwer zu (be)greifen ist. In dessen Rückblende lernen wir Eisenstein als einen auf sich allein gestellten Jungen kennen, der Erfüllung in Büchern findet, sie zu lesen, zu besitzen und schließlich selbst herzustellen. Doch seine Leidenschaft wird schnell zur Besessenheit, und in dieser erinnert der Protagonist an Grenouille in Süßkinds "Das Parfum".

Das Buch ist intensiv! Die Schilderung jüdischen Lebens während der Nazi-Zeit anhand von Einzelschicksalen schockiert, obwohl der aufgeklärte Leser nichts anderes erwarten kann. Die Handlungen der Hauptfiguren, wenn auch manchmal kaum auszuhalten, fesseln, weil wir in ihre Gedanken eintauchen und sie verstehen.

Der Autor schreibt so sensibel, dass wir ihm nicht übelnehmen können, dass Frauen benutzt und getötet werden. Er bedient sich teilweise kunstvoller Schachtelsätze, um an anderer Stelle etwas ohne viele Worte implizit auszudrücken. Und so bleibe ich nach der Lektüre atemlos und begeistert zurück.

Das Buch an sich ist ein Kunstwerk mit seinem gestanzten Umschlag, der den Inhalt unterstreicht. Auch die Schriftart und Rechtschreibung wird je nach Abschnitt angepasst. Eine gebührende Gestaltung für einen großartigen Roman.