Rezension

Call Me (Maybe)

Landline - Rainbow Rowell

Landline
von Rainbow Rowell

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Schon seit ihren Collegezeiten ist für Georgie klar, wie sie ihre Prioritäten setzt: ihre Arbeit als Comedy-Drehbuchautorin kommt vor ihrem Privatleben. Bisher hatte ihr Mann Neal immer Verständnis dafür, doch als sie kurzfristig über Weihnachten arbeiten soll, reagiert Neal abweisend und beschließt, ohneGeorgie mit ihren zwei Tächtern nach Omaha zu fahren. Hilfreich ist auch nicht gerade, dass ihr Kollege und bester Freund Seth mit ihr zusammen dieses Drehbuch schreiben soll. Denn der war Neal schon immer ein Dorn im Auge. Georgie spürt, dass ihr Mann dieses Mal nicht so leicht zu besänftigen sein wird und ihre Ehe an einem seidenen Faden hängt. IImmer wieder verssucht sie, ihn zu erreichen, doch vergeblich. Als am anderen Ende doch Neal abhebt, erlebt Georgie einen schockierende Überraschung: Sie kommuniziert einer jüngeren Version von Neal, als sie noch ganz am Anfang ihrer Beziehung standen - und diese fast zerbrach. So unwahrscheinlich das Ganze auch sein mag, aber vielleicht ist das Georgies Chance, ihre gegenwärtigen Probleme zu lösen und ihre Ehe zu retten.

Meine Meinung
Rainbow Rowell ist dem ein oder anderen durch "Eleanor & Park" ein Begriff - zumindest war das bei mir der Grund, warum ich beim Blick ins Regal inne gehalten habe. Zwar war ich damals von dem Roman nicht vollkommen hin und weg, aber der Schreibstil der Autorin ist mir durchaus positiv im Gedächtnis geblieben. Dieser Eindruck hat sich in diesem Fall erneut bestätigt. Rowells Stärke sind die Konversationen ihrer Charaktere. "Landline" lebt quasi von den unterhaltsam-spritzigen, herzzerreißenden und/oder auf unkonventionelle Art romantischen Dialogen, von denen es - angesichts des Inhalts und Georgies Beruf wenig überraschend - eine Menge gibt.
Neal und Georgie miteinander zu beobachten, war einfach herzerwärmend. Selbst in ihren ernsteren, tragischen Momenten waren ihre Worte und ihre Gesten zuckersüß. Mit jeder Erinnerung habe ich mich ein Stück mehr in die zwei verliebt, ob nun aufgrund ihrer zaghaften Annäherung, die eine gewisse Spannung aufgebaut hat, oder wegen ihrer teils mündlich, teils comicbasierten Art der Kommunikation. Ja, selbst ihre Eifersuchtsszenen hatten etwas für sich. Wäre sie Charaktere in einem TV-Drama, wären sie dieses Pärchen, das man nicht von Anfang an hat kommen sehen, bei denen man aber, sobald es erste Anzeichen gab, die ganze Zeit mitfiebert, bis sie zueinander finden - das typische "Shipping"-Material.
Ich mochte aber auch Seth ganz gerne, auch wenn er ihrem Glück immer ein Stück weit im Weg stand - ob nun beabsichtigt oder nicht. Er ist witzig, charmant, fürsorglich und er versteht Georgie blind. Okay, vielleicht ist er etwas eitel, aber wenigstens ist er nicht arrogant. Georgie und er sind ganz klar ein eingespieltes Team, die eine ganz andere, aber nicht weniger unterhaltsame Dynamik haben als sie und Neal. Weil ich ihn nicht hassen konnte, fehlte mir persönlich jemand, auf den ich meine Antipathien projizieren konnte.
Man kann natürlich kritisieren, dass der Plot an sich nicht sonderlich komplex und reichhaltig ist, da im Prinzip nur ein Thema von Relevanz ist: Georgies Liebes- und Familienleben. Es geht ausschließlich um Neal und sie und Seth als Störfaktor. Ich bin ja normalerweise eine der Ersten, die sich an einer Story mit nur wenigen Handlungssträngen stößt. Bei jedem anderen Figurenkonstellation hätte ich das wohl auch getan, aber Rainbow Rowell hat mit hier so wunderbare Charaktere geschaffen, die sich in ihren Gegensätzen so perfekt ergänzen, dass es mir eigentlich fast egal war, dass kaum etwas anderes beschrieben wurde als Flashbacks, Telefonate und Georgies Innenleben. Selbst, dass es für das “magische Telefon“ keine Erklärung gab, hat mich nur peripher tangiert. Die Handlung selbst hat also nicht viel spannungsreiche Elemente geboten, dafür war sie aber unterhaltsam und schön mitzuverfolgen.

Fazit
Wer sich nicht an einem wenig komplexen, dafür aber mit wunderbaren, fast spielerisch-dynamischen, schön formulierten Dialogen ausgestatteten Plot stört und gewillt ist, über das magische Telefon als surreales Element hinwegzusehen, der könnte - wie ich - bei "Landline" auf seine Kosten kommen.

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