Rezension

Charmanter Roman mit gelungenem Schreibstil und liebevoll ausgearbeiteten Figuren

Eine von uns
von Harriet Cummings

Ein charmanter, stellenweise eher ruhiger Roman, der vor allem durch den angenehmen, gelungenen Schreibstil und die äußerst liebevolle Figurenzeichnung überzeugt. Als Leser/in versucht man ebenso wie die Dorfbewohner das Geheimnis um den Fox zu lüften und verfolgt voller Neugier die Geschichte.

* Spoilerfreie Rezension! *

~ Ein charmanter, stellenweise eher ruhiger Roman, der vor allem durch den angenehmen, gelungenen Schreibstil und die äußerst liebevolle Figurenzeichnung überzeugt. Als Leser/in versucht man ebenso wie die Dorfbewohner das Geheimnis um den Fox zu lüften und verfolgt voller Neugier die Geschichte. ~

Inhalt

In einem englischen Dorf in den 1980er Jahren geschehen merkwürdige Vorkommnisse: Die DorfbewohnerInnen erzählen von Dingen, die verschwinden oder den Platz wechseln, schmutzigen Spuren auf Teppichen und erdigen Gerüchen in der Luft. Wer ist dieser Jemand, der sich in fremde Häuser schleicht? Wie gefährlich ist der „Fox“? Als eines Tages die zarte, gutherzige Anna verschwindet, scheint die Situation klar: Der Fuchs ist eine Gefahr und muss mit allen Mitteln aufgehalten werden. Wird das den DorfbewohnerInnen gelingen, bevor es zu spät ist?

Informationen

Erzählstil: Figuraler Erzähler, der teilweise in Richtung auktorialer Erzähler geht, Präsens;
Perspektive: aus vier verschiedenen Perspektiven (davon 3 männlich und 1 weiblich), gegen Ende auch mehr, die sich vermischen
Kapitellänge: mittel bis lang
Tiere im Buch: +/+ Es werden im Buch keine Tiere gequält oder getötet.

Meine Meinung

Einstieg & Schreibstil

Der Einstieg gelingt einfach. Sofort fühlte ich mich in der rätselhaften Geschichte um den Fox angekommen. Das lag vor allem am einnehmenden Schreibstil, der den Leser/ die Leserin an die Hand zu nehmen scheint und durch das Buch geleitet. Die Sprache ist angenehm, unaufgeregt und flüssig, dabei jedoch komplex genug,  um auch Literaturbegeisterten zu gefallen. Sofort nimmt vor dem geistigen Auge alles Gestalt an. Besonders charmant und für die Dorfgeschichte passend finde ich den österreichischen Einschlag, den die Sprache durch den Übersetzer erhalten hat.

„Beinahe lautlos ist er, der Fox. […] Leichte Schritte über feuchtes Sommerlaub. Wie ein Tier, sagen sie, aber mit Händen, um eure Türschlösser zu knacken. Und mit flacher Atmung, um sich unter deinem Bett zu verstecken und auf das erste Quietschen der Matratze zu warten.“ Seite 9

„Er betrachtet sich reglos im quadratischen, rahmenlosen Spiegel über dem Waschbecken und schmiert sich übertrieben dicke Schichten von Hautcreme auf den Körper. Als ob er sich zuspachteln wollte, bis zum Verschwinden.“ Seite 133

Aufbau

Das Buch ist in vier Abschnitte geteilt. In jedem davon wird aus der Sicht einer anderen Person aus dem Dorf erzählt. Aus diesem Grund schnitten die vier Teile des Buches auch verschieden gut bei mir ab. Manche Perspektiven gaben viel her wie zum Beispiel jene des Polizisten oder der jungen Ehefrau, andere erschienen mir nicht ganz so mitreißend, wie jene des Dorfvikars. Auch wenn alle Teile des Buches auf ihre Weise zum Plot beitragen und teilweise wichtige Hintergrundinformationen geben, so fehlte vor allem im Abschnitt des Vikars meiner Meinung nach stellenweise Spannung. Das ist aber auch schon mein einziger Kritikpunkt, für den es einen Stern Abzug gibt.

Protagonist & Personen

Die Geschichte lebt vor allem durch ihre liebevollst ausgearbeiteten Personen. Jede Figur bis zu den Nebenpersonen hin hat ihre Stärken und Schwächen, ihre Träume und Ängste und auch so manches wohlgehütete Geheimnis. Letztere zu entdecken war sehr interessant und hat mir großen Spaß gemacht. Überhaupt finde ich, dass die Figuren mit ihren Eigenheiten die größte Stärke des Romanes sind, besonders Doloris und Brian habe ich sofort ins Herz geschlossen. Sie verhalten sich stets glaubwürdig und durch die Probleme, die sie in ihren Leben haben, habe ich stark mit ihnen mitgefühlt. Schon lange sehnte ich mir kein Happy End mehr so sehr herbei wie für diese beiden.

Außerdem gibt es auch eine süße, kleine Liebesgeschichte im Buch zu entdecken. Obwohl sie so wenig Platz einnimmt, konnte sie mich vollkommen überzeugen. Was hier manche AutorInnen in Liebesromanen nicht in 400 Seiten schaffen, gelingt Harriet Cummings in kürzester Zeit: Dass man sich wirklich unbedingt wünscht, dass die beiden Liebenden zusammenkommen und
glücklich werden. Ob sie das tun? Am besten selber herausfinden.

Idee und Themen

Die Autorin hatte eine tolle, frische Idee, die auf einer wahren Begebenheit beruht. Das macht die Geschichte natürlich gleich noch viel interessanter. Am Ende des Buches gibt es zudem ein kurzes Kapitel mit Informationen zum wahren Fox, der damals in England umgegangen sein soll.

Es wird eine große Bandbreite von Themen im Buch behandelt, auf die mit großer Tiefe eingegangen wird. Es geht um Emanzipation, um Einsamkeit, um Liebe, um die Seiten von sich, die man vor anderen verheimlicht, weil man Angst vor den Reaktionen hat, um die großen und kleinen Herausforderungen des Lebens und immer wieder darum, zu lernen, dass schlussendlich nicht das Gerede der Leute zählt, sondern nur, dass man selbst glücklich ist.

Die Auflösung hätte ich mir zwar anders vorgestellt, dennoch ist passend und ergibt mit dem Rest des Buches ein stimmiges Ganzes.

Atmosphäre & Spannung

Es herrscht eine rätselhafte, mysteriöse Grundstimmung, weil man natürlich auch als Leserin herausfinden möchte, wer hinter der geheimnisvollen Person des Fox steckt. Daraus zieht die stellenweise eher ruhige Geschichte großteils ihre Spannung: durch die verschwundenen Gegenstände und die Erdspuren in Häusern. Ein interessantes Detail: Die Kapitelüberschriften verraten die Gegenstände, die der Fox bei seinen Besuchen berührt oder versteckt. Jeder, der schon einmal in einem kleineren Dorf gewohnt hat, merkt zudem sofort: Der Autorin gelingt es spielend leicht, das typische Dorfleben und alles, was es ausmacht, perfekt einzufangen.

Mein Fazit

Ein charmanter, stellenweise eher ruhiger Roman, der vor allem durch den angenehmen, gelungenen Schreibstil, die perfekt eingefangene Dorfatmosphäre und die äußerst liebevolle Figurenzeichnung überzeugt. Als Leser/in versucht man ebenso wie die Dorfbewohner das Geheimnis um den Fox zu lüften und verfolgt voller Neugier die Geschichte.

Bewertung:

Idee: 4 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne
Personen: 5 Sterne
Hauptperson: 5 Sterne
Spannung: 3,5 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀

Dieses Buch erhält von mir vier zufriedene Sterne! Harriet Cummings? Gerne wieder!

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 11. August 2017 um 02:47

wow, eine wirklich sehr detaillierte und gut gegliederte Rezension - so en détail noch nie gesehen, danke dafür!

Bellamy kommentierte am 11. August 2017 um 17:00

Danke für deinen Kommentar! Es freut mich sehr, wenn sie dir gefällt. :)