Rezension

Chronik eines Mörders

Still Chronik eines Mörders - Thomas Raab

Still Chronik eines Mörders
von Thomas Raab

Inhalt
Karl Heidemann hält es schon als Baby kaum in der Welt aus. Er schreit und schreit und findet nur beim nächtlichen Spaziergehen mit dem Vater oder als er mit der Mutter beim Baden unter Wasser gleitet einen Moment Ruhe. Das extrem hellhörige Baby brüllt und lebt zunächst ein Leben in völliger Isolation, entwickelt sich zu einem Jungen, dann einem Mann, der sich die ersehnte Still nur zu beschaffen weiß, indem er tötet. Und er glaubt sogar, seinen Opfern damit einen Gefallen zu tun, weil er in dem Tot einen Akt der größten Liebesbekundung sieht. Doch dann trifft er auf einen Menschen, der alles ändert.

Meine Meinung 
"Still" bannt den Leser und ist dennoch kein Buch, welches ich lediglich auf Grund seiner Spannung weiter empfehlen würde. Es ist kein üblicher Krimi oder Thriller – nein Raab steckt viele der Morde des Karl Heidemann in einen Nebensatz und legt größeren Wert auf die Skizzierung seines außergewöhnlichen Protagonisten.

Thomas Raab schreibt zwar aus der Sicht des Mörders, hält aber dennoch Distanz zu seiner Hauptfigur. Er blickt fast immer von Außen auf Karl, vermeidet psychologische Plausibilisierung. Die Abweichung von der Norm macht einen der Reize des Buches aus, es birgt aber auch gewisse Risiken. So versieht der junge Heidemann sein blutiges Handwerk recht mühelos, was mitunter unrealistisch erscheinen mag. Das perfekte Töten wird ihm zur zweiten Natur und er entwickelt sich zur einer Mischung aus Friedens- und Racheengel.

„Still“ ist ein beeindruckendes, sprachgewaltiges Buch, das einen weiten dramaturgischen Bogen spannt. Die Stärken der Geschichte liegen für mich auf der Schilderung der bigotten Dorfgemeinschaft in Karls Heimat und den detailliert gezeichneten Figuren. Vergleiche mit Patrick Süskinds „Das Parfum“ drängen sich nicht nur auf, „Still“ hält ihnen auch stand.

Thomas Raab sagt über den Sprecher Frank Arnold: "Als würde die Stimme, die mir mein Buch diktiert, nun leibhaftig zu mir sprechen". Und auch ich finde nur ein Wort: brilliant. Brilliant erzählt, mit Stimmgewalt und Emotionen – der perfekte Sprecher, der das Buch zu einem Hörgenuss gemacht hat.

Fazit
"Still" erzählt die ungewöhnliche Geschichte eines Mörders. Packend, faszinierend, einfühlsam, sprachgewaltig, außergewöhnlich. Absolute Lese- bzw. Hörempfehlung!