Rezension

Clifton-Saga vs. Jahrhundert-Trilogie

Spiel der Zeit
von Jeffrey Archer

„Spiel der Zeit“ von Jeffrey Archer – da er seit 1992 Angehöriger des britischen Hochadels ist, lautet sein korrekter Titel übrigens Jeffrey Howard Archer, Baron Archer of Weston-super-Mare - ist der erste Band der breit angelegten Clifton Saga. Im Original sind bereits fünf Bücher erscheinen, der sechste Teil ist für Februar 2016 angekündigt.

Es ist ein sehr breit angelegtes Familienepos, in dessen Mittelpunkt der junge Harry Clifton steht, dessen Vater bei einem tragischen Vorfall ums Leben gekommen ist. Das Geld ist immer knapp in der kleinen Familie, obwohl seine Mutter Maisie Tag und Nacht arbeitet, um den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn zu sichern. Dieser möchte lieber in die Fußstapfen seines Vaters treten anstatt zur Schule zu gehen, weshalb er sich tagtäglich zum Missfallen seiner Mutter an den Docks herumtreibt. Das ändert sich, als engagierte Lehrer dafür sorgen, dass er ein Chorstipendium für ein renommiertes Internat erhält. Die Vorurteile und Anfeindungen seiner Mitschüler erträgt Harry nur dank der Freundschaft mit den beiden Jungen Deakins und Giles Barrington, wobei er nicht ahnt, dass sein Leben mit Giles enger verbunden ist als er ahnt…

Jeffrey Archer hat als Zeitraum für den Auftakt seiner Familiengeschichte die zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gewählt. Der Handlungsrahmen ist relativ eng gefasst, denn obwohl der Roman fast 600 Seiten hat, dreht sich alles um die Menschen, die in Harry Cliftons Leben in jungen Jahren eine Rolle spielen und seine ersten Kontakte mit den Mitgliedern der Reederfamilie Barrington. Der Autor wechselt kontinuierlich die Perspektiven und lässt den gleichen Zeitraum sowie die gleichen Ereignisse von verschiedenen Personen aus deren jeweiligem Blickwinkel erzählen und kommentieren. Hier tritt die Handlung auf der Stelle, da das gleiche Thema immer wieder durchgekaut wird und man kaum Neues erfährt. Das ist für mich die größte Schwäche des Romans, denn auf Dauer wirkt sich diese Stagnation sehr ermüdend auf den Leser aus.

„Spiel der Zeit“ stellt keine großen Ansprüche an den Leser. Die Sprache ist einfach, es gibt keine großartigen Verwicklungen und durch die häufigen Wiederholungen ist man jederzeit bestens über das gemächliche Fortschreiten der Handlung informiert. Aber gerade deshalb eignet sich das Buch ideal als unterhaltsame, leichte Urlaubslektüre.

Natürlich drängt sich bei diesem Romanzyklus der Vergleich mit Ken Folletts Jahrhundert-Trilogie auf. Hier schneidet Archer wesentlich schlechter ab, denn wo Follett das Panorama einer Epoche entwirft und reale historische Ereignisse entsprechend einarbeitet und mit dem Leben seiner Protagonisten verknüpft, bleibt Archer vage und zu sehr in individuellen Schicksalen verhaftet. Ich bin gespannt, ob sich das in den Folgebänden ändert. Geprüft werden kann dies spätestens im November 2015, denn dann erscheint der zweite Teil „Das Vermächtnis des Vaters“ in der deutschen Übersetzung.