Rezension

Coming-of-Age in Glasgow

Bienensterben - Lisa O'Donnell

Bienensterben
von Lisa O'Donnell

"Bienensterben" ist der erste Roman der Autorin Lisa O'Donnell, die in den USA bisher vor allem als Verfasserin von Drehbüchern, die mit Auszeichnungen bedacht wurden, bekannt ist.

Es ist Heiligabend in Glasgow, als die beiden Schwestern Marnie und Nelly im Garten ein großes Loch ausheben. Darin wollen sie ihre toten Eltern begraben, da der Verwesungsgeruch der beiden Leichname sich mittlerweile im gesamten Haus ausbreitet und kaum mehr auszuhalten ist. Ihre Trauer über deren Tod hält sich in Grenzen, denn die beiden Junkies und Alkoholiker,  Mutter Isabel und Vater Eugene, waren für die Mädchen nicht unbedingt das, was man sich unter liebenden und fürsorglichen Eltern vorstellt.

Marnie und Nelly sind von frühester Kindheit an aufeinander fixiert und kümmern sich umeinander. Mittlerweile sind die beiden Geschwister fünfzehn und zwölf Jahre alt und so verschieden, wie zwei Menschen nur sein können: Marnie, frühreif, temperamentvoll und abgebrüht, ergreift die Initiative, Nelly, hochbegabt, naiv, sensibel, vielleicht auch autistisch, unterstützt ihre große Schwester. Und dann gibt es da noch Lennie, den wegen seiner sexuellen Orientierung geächteten Nachbarn, der die beiden schließlich unterstützt und sich um sie kümmert. Und bei ihm lernen die Mädchen erstmals ein von Regeln, Liebe und Fürsorge geprägtes Familienleben kennen. Aber auch das scheint nicht von Dauer zu sein…

Eine beeindruckende und über weite Strecken erschütternde Geschichte vom Erwachsenwerden, die Lisa O’Donnell in „Bienensterben“ erzählt. Marnie und Nelly  stehen exemplarisch für jene Kinder, die ohne Liebe und in Armut aufwachsen, von ihren Eltern vernachlässigt und sich selbst überlassen werden, aber mit Eigeninitiative und dank der Hilfe einer guten Seele, in diesem Falle Lennie, es schaffen, sich aus diesem Sumpf zu befreien.

O‘Donnell lässt die drei Hauptfiguren des Romans, Marnie, Nelly und Lennie, die Ereignisse aus ihrer eigenen Sicht erzählen und kommentieren, wobei die jeweiligen Kapitel relativ kurz gehalten sind. Aber trotz der ernsthaften Thematik schafft es die Autorin, besonders durch den lockeren Tonfall der beiden Mädchen, diese eher schwere Kost für den Leser leichter verdaulich zu machen.

Ein wunderbares, zu Herzen gehendes Buch, dem ich viele Leser wünsche!