Rezension

Coming of Age vor Horrorkulisse

Palast der Finsternis - Stefan Bachmann

Palast der Finsternis
von Stefan Bachmann

„Hier unten klingt die Stille anders. An der Erdoberfläche ist Stille etwas Großes, Volles. […] Hier ist die Stille verschlossen und gespannt.“ (S. 147)

Zusammenfassung. Eine Gruppe Jugendlicher, eine Reise nach Frankreich und ein unterirdischer Palast, damit beginnt Stefan Bachmanns „Palast der Finsternis“. Doch was darauf folgt, das überrascht jeden einzelnen der Beteiligten: Hinter den Türen des Palastes lauern Fallen und sehr bald weiß niemand mehr, wem er trauen kann, und wie er aus diesem Palast der Finsternis entkommen soll.

Erster Satz. Ich hörte, wie es gebaut wurde, Vaters geheimes Versailles, ein Palast unterhalb eines Palastes, ein Reich aus Gold und Kristall, verborgen in den Wurzeln Frankreichs.

Cover. Das größte Plus des Covers ist die schicke, glänzende Optik. Abgesehen davon ist das Bild vor allem ein Traumbild, dessen Zusammenhang mit dem Inhalt des Romans sich mir nicht so ganz erschließt. Aber hübsch ist es!

Inhalt. Bis die Geschichte wirklich richtig in Gang kommt, dauert es zugegebenermaßen eine Weile – dann jedoch ist sie spannend, rasant und jedes Kapitel endet so, dass man auf keinen Fall jetzt schon aufhören kann, sondern auf jeden Fall wenigstens noch ein Kapitel lesen muss. Das erinnert fast ein wenig an die Serien dieser Zeit, die uns nach jeder Episode in der Überzeugung zurücklassen, dass wir noch weiterschauen müssen, um das nächste Geheimnis zu lüften.
Ein wenig zu sehr erinnert der Aufbau des Buchs und Palastes, einige Fallen und einzelne Szenen an Das Phantom der Oper und Filme wie Cube, Resident Evil oder Der Exorzist, aber man kann das Rad ja nicht immer wieder neu erfinden. Und wenn man darüber hinwegsieht, dann hat man mit dem Palast der Finsternis wirklich spannenden Jugendhorror, den man eigentlich nur ungern wieder aus der Hand legen möchte.

Personen. An den Figuren wird vielleicht deutlich, dass das Buch ein Jugendbuch ist: Besonders Anouk, aus deren Perspektive wir einen Großteil der Geschichte erleben, hat einen ausgeprägten Hang zum düster Gucken, der Überzeugung, dass niemand es so schwer haben kann wie sie selbst, und zu dem Gefühl, alles zu wissen. Mein Lieblingssatz in dem Zusammenhang: „Hast du das gehört, Bruder? Du bist tot. Anouk hat es gesagt, und sie weiß alles.“ (S. 336)
Aber vielleicht sind diese Überzeugungen das Privileg von Teenagern und man muss darüber etwas mehr hinwegsehen, als es mir gelungen ist. Und Anouks zynisches, sarkastisches Verhalten in akuten Gefahrensituationen hat uns auch mehr als einmal zum Lachen gebracht.
Ein weiteres Manko: Eine der Figuren ist derartig überflüssig, dass man ihre Existenz beinahe optischen Gründen mit Blick auf eine Verfilmung zuschieben möchte. Wer das Buch schon gelesen hat, sollte darauf kommen können, um wen es geht – allen anderen möchte ich das an dieser Stelle nicht verraten.

Fazit. Auch wenn der Palast der Finsternis kein Wunderwerk an innovativen Ideen ist, auch wenn die ein oder andere Figur mich bisweilen sehr tief hat durchatmen und das Buch einen Moment zur Seite legen lassen, ist es empfehlenswert für jeden, der Lust auf ein kleines bisschen Coming of Age vor spannender, nahezu filmisch anmutender Horrokulisse hat.