Rezension

Da ist noch Luft nach oben

Neva - Sara Grant

Neva
von Sara Grant

Das Buch spielt in einer weitläufigen Region, die angeblich zum Schutze der Bürger von Heimatland unter einer Protektosphäre vom Rest der Welt isoliert wird. Jeder, der versucht durch diese nach außen zu gelangen, stirbt sofort. Doch das Leben in Heimatland ist längst nicht so sicher, wie die Regierung versucht glauben zu machen: Durch die Abschottung werden nicht nur Ressourcen und Güter immer knapper, sondern auch der Nachwuchs. Obwohl Inzucht bereits ein weitverbreitetes Problem ist, werden die Jugendlichen dazu angetrieben, möglichst früh eine Familie zu gründen und Kinder zu zeugen – dafür erhalten sie nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch einen gesicherten Status.

Die wenigsten Bürger, die den Mut aufbringen, sich gegen das System aufzulehnen, verschwinden spurlos. Es ist nicht erwünscht, Fragen zu stellen. Doch obwohl Neva die Tochter des Ministers für Altgeschichte ist, eine tadellose Familienabstammung hat und damit ein angesehener Bürger in Heimatland sein könnte, plant sie mit ihrer Freundin Sanna einen Aufstand. Sie will wissen, wohin die vielen Menschen auf ihrer Vermisstenliste verschwunden sind. Sie will wissen, ob sich außerhalb der Protektosphäre befindet. Sie will wissen, was die Antworten auf Fragen sind, die niemand zu stellen wagt.

Fesselnd und vielversprechend beginnt Sara Grants Debütroman, der dem Leser die spannende Geschichte einer Auflehnung gegen die totalitäre, um nicht zu sagen faschistische, Herrschaft in Heimatland verspricht. Die Autorin hat einige gute Ideen, die sie allerdings nicht näher ausgearbeitet hat. Viele Einfälle wurden eingestreut und später nicht weiter verfolgt. Selbst auf die Frage, wie es zu so einer Gesellschaft kommen konnte, fandSara Grant nur ein paar nichtssagende Floskeln. Schade.

Eine große Rolle spielen außerdem die Gefühle zwischen Neva und dem Freund ihrer besten Freundin. Die Protagonistin erlebt das ganz normale Chaos eines Teenagers, hat Angst vor der Zukunft, hinterfragt ihre Rolle in der Gesellschaft, rebelliert und verliebt sich in einen Jungen, den sie eigentlich nicht lieben dürfte. Neva wächst an ihren Aufgaben und entwickelt sich schnell weiter. Sie ist eine sehr sympathische Hauptperson, doch längst nicht so facettenreich wie beispielsweise Katniss, die Heldin aus den »Tributen von Panem«.

Das große Plus bekommt die Autorin für ihren Schreibstil. Obwohl mir der Inhalt doch nur mittelmäßig gefallen hat, hat sie es geschafft, dass ich an ihren Worten klebte. Irgendetwas passierte immer gerade und so kam es zu keiner langatmigen Phase, in der man sich zum Weiterlesen motivieren muss. Leider wirkte sich diese Fülle an Handlung negativ auf die Entfaltung mancher Figuren aus, die ich gerne näher kennengelernt hätte. Statt der eher faden Dreiecksbeziehung zwischen Sanna, Braydon und Neva hätte ich lieber mehr über die Personen selbst herausgefunden. Auch das über Leben in der Protektosphäre hätte viel mehr beleuchtet werden müssen – es sind schlicht und einfach zu wenige Seiten.

Auch das Ende wirft für einen Einteiler zu viele Fragen auf. Ein bisschen wirkt es so, als hätte die Autorin sich einfach die Option für einen zweiten Band offen halten wollen, sofern der erste ein Erfolg wird. Dennoch hatte die Autoren einige wichtige Gedanken und ich bin mir ziemlich sicher, dass es da noch einiges an Potenzial auszuschöpfen gibt. Ich bin gespannt, was man von Sara Grant in Zukunft noch hört und vielleicht ja auch liest.

Dass es in diesem Bereich noch Luft nach oben gibt, beweist mir gleich das Buch, das ich aktuell lese. »Neva« ist meiner Meinung nach ein guter Tipp für Jugendliche, die nicht so viel lesen, aber du durch das Buch sicherlich Lust auf mehr bekommen. Zum Einstieg in dystopische Romane ebenfalls absolut geeignet.

Kommentare

Jana kommentierte am 11. September 2013 um 12:10

Das mit dem zweiten Teil habe ich mir auch gedacht, weil einfach soooo viele Fragen offen blieben, aber ob der dann wirklich auch ins Deutsche übersetzt wird.. Ich kann es mir nicht vorstellen, weil das Buch einfach nicht so eingeschlagen ist ;)

Paperthin kommentierte am 11. September 2013 um 12:15

Ach, es gibt tatsächlich einen zweiten Band? Das habe ich gar nicht mitbekommen. Kann mir aber auch nicht vorstellen, dass er übersetzt würde. Würde ich aber auch nicht lesen, ist einfach schon zu lange her...