Rezension

Das kurze tragische Leben der Lady Jane Grey

Rabenlady - Pauline Francis

Rabenlady
von Pauline Francis

Bewertet mit 4 Sternen

*Worum geht's?*
England im Jahre 1552: Der 16-Jährige Ned soll gehängt werden, da er aus Hungersnot Brot gestohlen hat. Im letzten Moment wird er von der 14-Jährigen Lady Jane Grey gerettet und als Holzfäller angestellt. Schon bald eröffnen die Greys, eine der bedeutendsten Familien Englands, ihrer Tochter, dass sie König Edward heiraten soll, sobald sie eine Frau geworden ist. Von nun an fürchtet sich Jane vor jedem neuen Tag, denn sie will keine Königin werden! Die Freiheit ist ihr höchstes Gut. Nur Ned gibt ihr Kraft. Die Beiden verlieben sich ineinander, doch die hoffnungslosen Gefühle müssen sich einer weiteren Schwierigkeit stellen: Ned ist Katholik - in einer Zeit, in der die Anhänger des alten Glaubens geächtet werden.

*Kaufgrund:*
Durch Zufall habe ich dieses Buch entdeckt, als ich mir die Bücher von Mary Hooper angesehen habe. Das Cover hat mich sofort angesprochen! Außerdem liebe ich die englische Geschichte!

*Meine Meinung:*
Endlich mal ein Buch über eine sehr interessante Person der Geschichte Englands, die immer nur nebenher erwähnt und insgesamt viel zu wenig beachtet wird: Lady Jane Grey, besser bekannt unter ihrem Beinamen "Neuntagekönigin". Wer sich mit ihr beschäftigt hat, weiß um ihr tragisches Schicksal. Um allen anderen jetzt aber nicht zu viel zu verraten, werde ich nicht weiter auf ihr Leben eingehen. Francis hat großartige Recherchierarbeit geleistet, während sie ihren ersten Roman schrieb: Alle Person, bis auf Ned, haben tatsächlich gelebt und machen die Handlung damit überaus authentisch! Als kleines Extra gibt es zusätzlich einen Stammbaum von Janes Familie; 'so ein Glück!' muss ich dazu sagen, denn bei den ganzen "Marys/Marias" verliert man den Überblick.

Die Geschichte, abwechselnd aus Neds und Janes Perspektive beschrieben, beginnt mit sehr viel Potenzial: Im allerletzten Moment wird Ned vor dem Tod durch den Strang von Jane gerettet. Obwohl beide wissen, dass ihre Liebe keine Chance hat, können sie ihre Gefühle nicht unterdrücken. Durch Neds Zuneigung verändert sich Jane stark: Sie wird selbstbewusster und setzt sich mehr und mehr für ihren eigenen Willen ein - zum Leidwesen ihrer Eltern, die das Leben ihrer Tochter schon geplant haben und nun mit allen (gewaltsamen) Mitteln erfolglos versuchen, Jane zu züchtigen. Die Gefühlsausbrüche Janes sind super gut und vor allem emotionsgeladen dargestellt! Als Leser kann man sehr leicht mit ihr mitfühlen. Bedauerlicherweise leidet das Buch unter dem Part von Ned und Jane, in dem sich ihre "Beziehung" aufbaut. Nach einigen Seiten trottet die Handlung nur noch langsam vor sich hin. Ab der Mitte wird es allerdings wieder mitreißend: Intrigen, Lügen, Machtkämpfe, Gier und eine große Portion Tragik mischen die Geschichte auf und steigern sich bis zum dramatischen Ende. Nach der letzten Seite musste ich erst einmal tief durchatmen, weil mich das Ende gleichzeitig geschockt und berührt hat.

Francis hat viel Wert darauf gelegt, den Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten der damaligen Zeit deutlich zu machen. Dies ist ihr am Beispiel der beiden Protagonisten wunderbar gelungen. Auch die Symbolik des Raben fand ich klasse: Anfangs ist der Rabe für Jane noch ein Zeichen für Freiheit und Selbstständigkeit, doch im Handlungsverlauf wird er zunehmend ein Merkmal für Gefahr.

*Cover:*
Ich finde das Cover einfach super. Es zeigt deutlich, in welcher Zeit die Geschichte angesiedelt ist und ist daher sehr passend gewählt. Durch die schwarze Feder wird zugleich der Bezug zum Titel als auch zum Schicksal Janes hergestellt.

*Fazit:*
Die Geschichte über Lady Jane Grey hat mich sehr berührt. Die gesamte Situation der damaligen Zeit wurde sehr schön geschildert und lässt einen in die historischen Ereignisse Englands eintauchen. Bis auf das kleine Tief im ersten Drittel des Romans, das eigentlich gar nicht stört, finde ich doch noch einen Grund zu meckern: Janes Regentschaft wird einfach übersprungen! Man erfährt kaum etwas über ihre kurze Zeit als Königin von England. Meiner Meinung nach hätte das viel stärker ausarbeitet werden müssen. Deshalb im Großen und Ganzen 4 Sterne!