Rezension

Das Schattendasein der Mileva Maric

Frau Einstein - Marie Benedict

Frau Einstein
von Marie Benedict

Mileva Maric ist die erste Ehefrau des durch die Relativitätstheorie weltberühmten Physikers Albert Einstein. Als eine der ersten Frauen studiert sie in Zürich am Polytechnikum Mathematik und Physik. Unterstützt wird sie dabei von ihrem serbischen Vater, der früh ihre Begabung erkannt und Mileva nach Kräften gefördert hat, um ihr ein Studium in Zürich zu ermöglichen. Voller Hingabe und Leidenschaft beginnt Mileva zu studieren, findet die ersten, ebenso begabten Freundinnen ihres Lebens und wird dabei stets von dem charmanten Herrn Einstein umworben. Als sie sich endlich seinen Avancen hingibt, scheint ihr Schicksal besiegelt. Sie wird schwanger, bringt ein uneheliches Kind zur Welt, scheitert an ihrem Physik-Examen und wird nun gänzlich in die Rolle der fürsorgenden Hausfrau gedrängt. Der Abstieg der Mileva Maric ist vorprogrammiert.

Diese Geschichte ist eine, die mich als Leserin traurig macht. Da ist eine hochintelligente, strebsame Frau, die keinen größeren Wunsch hat, als ihr Leben der Wissenschaft hinzugeben und Physik-Professorin zu werden, die letztlich doch nur am Herd und im Schatten ihres weltberühmten, egoistischen Mannes steht. Die Geschichte Mileva Marics ist eine von einer wissbegierigen und talentierten Frau, die der Unterdrückung durch ihren Ehemann und ihrer Zeit zum Opfer fällt. Heute wäre das sicher alles anders gelaufen.

Genau das weiß die Autorin und sie lässt es den Leser mit jedem Satz wissen. Mileva Maric wird als eine moderne Frau mit teilweise feministisch angehauchten Gedankengängen dargestellt, die die ihr widerfahrenden Ungerechtigkeiten, ihre Unterdrückung als Frau sofort erkennt und in Zorn darüber gerät. Die Version, die uns von dieser Frau präsentiert wird, empfinde ich als unrealistisch und man merkt deutlich, wie die Autorin hier ihre eigenen Ansichten aus dem Jahre 2017 mit einfließen lassen hat. Das schmälert die Authentizität der Geschichte schon etwas, sodass ich als Leserin das eine ums andere Mal wirklich ins Grübeln gekommen bin, wo in diesem Roman die Wahrheit aufhört und die Fiktion beginnt.

Interessant fand ich die Darstellung als Roman aus der Ich-Perspektive. Gerechnet hatte ich eher mit Ausführungen, die einem Sachbuch nahestehen und bekommen habe ich einen Roman, der Einblicke in das Seelenleben und die Gedankenwelt dieser besonderen Frau gewährt. Jedoch hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle durchaus gewünscht, auch einmal Einblicke in Albert Einsteins Gedanken zu erhalten. Wie in einigen anderen Rezensionen bereits angemerkt, kommt dieser in „Einsteins Frau“ wirklich nicht gut weg und es bleibt die Frage, ob diese Darstellung berechtigt ist oder nicht. Gerne hätte ich verstanden, warum Albert Einstein den wichtigen Beitrag seiner Frau zur Relativitätstheorie unterschlägt und warum er sie so erniedrigend behandelt. Da empfand ich die Darstellung als zu einseitig und undifferenziert. Denn schließlich ist die Welt selten nur schwarz und weiß.

Alles in allem fand ich es durchaus spannend, dieses Buch zu lesen, jedoch hat es mich nicht so gepackt, wie ich es von einem Roman zu einem so sensiblen Thema erwartet hätte. Richtig berühren konnte mich die Geschichte nicht, sie hat mich eher inhaltlich interessiert – etwa auf die Weise, auf die man sich für eine gut gemachte Fernseh-Dokumentation interessiert. Empfehlen würde ich dieses Buch jedem, der (wie ich) sehr wenig über Albert Einstein und seine erste Ehe weiß. Wenn man bereits eine tiefe Kenntnis in diesem Bereich hat, wird man seine Probleme damit haben, dass Mileva Maric sich angeblich die Relativitätstheorie binnen eines Augenblicks an einem Bahnhof aus den Fingern gesogen hat und dass Albert Einstein ein absolut größenwahnsinniger Egoman gewesen sein soll.