Rezension

Das späte Geständnis des Tristan ...

Das späte Geständnis des Tristan Sadler - John Boyne

Das späte Geständnis des Tristan Sadler
von John Boyne

Bewertet mit 5 Sternen

John Boyne ist in meinen Augen ein großartiger und herausragender Autor. Er greift Themen auf an die sich andere nicht heranwagen würden und schildert diese in einer Form, die uns nicht nur mitten in das Geschehen der damaligen Zeit entführen, sondern uns auch mit einem beklemmenden und bedrückenden Gefühl zurücklassen. 

Ein Wort zuviel von mir und ich nehme die komplette Spannung oder die Neugier auf das Buch, daher werde ich mich heute wirklich kurz fassen müssen. Ich überlasse gerne anderen hier zu spoilern und zu verraten, was damals wirklich geschehen ist und Tristans Leben komplett verändert hat. Ich kann nur sagen bzw. möchte darauf hinweisen, daß auch hier ein Tabuthema aufgegriffen wird und wir froh sein können in der heutigen Zeit zu leben. Früher wurde man mit 17 aus dem Haus gejagt und verflucht. Unvorstellbar für uns die im heute leben, aber für die damalige Zeit völlig normal. Mein Kind ist mein Kind, egal, was es anstellt, wie es fühlt oder anders denkt als ich. Ich halte zu ihm / zu ihr bis zum Schluss. Ich hatte beim Lesen eine große Wut im Bauch auf die Familie von Tristan, die sich einfach von ihm abwendet und ihn mit seinen 17 Jahren an die Front schickt. Was er dort alles erlebt und wie sehr er sich verändert, lest bitte selbst. Die blutigen Details kann ich ohne schlechtes Gewissen auslassen. 

Dieses Buch unterscheidet sich von allen Büchern, die ich bisher gelesen habe und ist definitiv ein Buch, was zum Nachdenken anregt. Dadurch, daß ich mir schon vorher ein Bild darüber gemacht habe, wusste ich in etwa was mich erwartet und es ist genauso eingetroffen. Nur viel, viel schlimmer. Ein sensibler Mensch wie ich fühlt mit Tristan mit, aber verachtet ihn auch. Gerade das letzte Kapitel haut einen mächtig aus den Socken und hinterlässt ein wirklich bitteres Gefühl. Vielleicht ist einem leichter ums Herz, wenn man Dinge sagt, die andere verletzten können? Vielleicht sollte man manche Dinge auch unausgesprochen lassen? Warum Tristan die Wahrheit erzählt bleibt mir verschlossen, aber ehrlich gesagt hat es mir die Schuhe ausgezogen. Ich hätte wahrscheinlich geschwiegen, denn er bietet durch die Wahrheit die ans Licht kommt keinen Trost, sondern schürt nur den Hass und ich kann es der Familie seines Freundes Will nicht verdenken, daß sie ihn hassen werden. Eigentlich wollte er nur Briefe von Will an seine Schwester abgeben und dazu reist er Norwich zu Wills Schwester Marian Bancroft. Hätte er nur geschwiegen und seine eigene Weste reingewaschen. Warum sagt er, wie es wirklich war? Mir ist das völlig unverständlich. Die menschliche Psyche wird mir immer ein Rätsel bleiben und dennoch ist es genau das, was dieses Buch ausmacht. Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Manchmal leidet man darunter auch noch bis zu seinem Tod. Vielleicht war es daher so wichtig für Tristan über den Krieg in Frankreich zu berichten und nichts zu beschönigen, nichts zu verheimlichen und zu beschönigen? Es ist abartig! Es ist unglaublich und dennoch könnte es genauso gewesen sein.

Ein Buch über Freundschaft, Liebe, Hass, Zerstörung, Wut und Rache. sehr toll eingefangen vom Autor und sehr authentisch. Fast ist es als liegen wir selbst im Schützengraben und hoffen darum, daß die Kugel an uns vorbei zischt und vielleicht den Kameraden tötet, aber nicht uns. 

Der Krieg ist etwas was zerstört und auch verstört und John Boyne zeigt ihn genauso wie er war und ist. Junge Männer die im täglichen Kampf ums Überleben kämpfen. Sie sind dabei nicht immer tapfer, denn sie sehen schreckliches und erfahren Mord, Wut und Zerstörung. Unvorstellbar für mich, die dieses nur aus dem Geschichtsunterricht und Erzählungen kennt. Dafür müsste ich dankbar sein und bin es auch. Es sit schrecklich, es ist abartig und nach so einem Erlebnis wirst du sicherlich nie wieder derselbe / dieselbe sein, die du vorher warst, denn dein denke und dein Fühlen wird dich verändern. 

Leicht zu Lesen, aber dennoch keine leichte Kost. Ein echter John Boyne Roman! Ein Roman der nicht einfach nur gelesen werden kann, sondern zum Nachdenken anregen wird. Ich habe einiges angerissen, aber dennoch wenig erzählt, sondern nur die emotionale Seite betrachtet, daß was das Buch in mir ausgelöst hat. Je mehr ich auf das, was wirklich geschehen ist eingehe umso mehr nehme ich die Spannung und dieses Buch ist wirklich wert gelesen zu werden. es hat meine Erwartungen mehr als übertroffen! 

Natürlich eine Leseempfehlung von mir! Mal wieder ein echtes Meisterwerk! 

Klappentext: 
London, September 1919: Der junge Tristan Sadler steigt in einen Zug. Er fährt nach Norwich, um sich dort mit Marian Bancroft, der Schwester seines toten Kameraden Will, zu treffen, mit dem er Seite an Seite im Ersten Weltkrieg gekämpft hat. Als Gepäck trägt Tristan ein Bündel Briefe mit sich - und seine Erinnerung. 

Das Cover zeigt einen jungen Mann, der aus dem Fenster starrt. Ist es aussagekräftig genug um in der Buchhandlung nach diesem Buch zu greifen? Ich weiß nicht, ob das Cover eine Faszination auf mich ausgeübt hätte, aber der Autor hätte es getan, denn seit "Der Junge in dem gestreiften Pyjama" bin ich von der Schreibkraft des Autors sehr angetan. Zuletzt las ich "Das Haus zur besonderen Verwendung" und auch dieses Buch besticht einfach durch einen ganz besonderen Schreibstil. 

Der Autor: 
Die Bücher von John Boyne, geboren 1971, wurden bisher in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang Boyne mit seinem Roman Der Junge im gestreiften Pyjama, der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand, für das Kino verfilmt und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde. In Deutschland erschien im Arche Verlag von John Boyne zuletzt Das Haus zur besonderen Verwendung. Er lebt in Dublin. 

360 Seiten, 
Euro 19,95 (D) Gebunden mit Schutzumschlag 
Arche 
ISBN: 978-3-7160-2664-9 

Wünsche euch allen einen tollen Tag und hoffe ihr wartet nicht bis zum Ende eurer Tage um Dinge zu bereinigen, obwohl es manchmal vielleicht besser wäre zu schweigen! 

Ganz liebe Grüße, 
Mel