Rezension

Das Täubchen, die Alten und der Frischedoktor

Romeo und Romy - Andreas Izquierdo

Romeo und Romy
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 3 Sternen

Romy könnte eine große Schauspielerin sein, aber niemand sieht sie, denn sie ist nur die Souffleuse. Aber auch das nicht lange, denn nach einem harmlosen Flirt mit Hauptdarsteller Ben, dessen einzige schauspielerische Glanzleistung sein Auftritt als »Frischedoktor« in einem Waschmittelspot ist, wird sie gefeuert. Und Ben kurz nach ihr.
Romy kehrt zurück in ihr winziges Dorf, um dort ihr Erbe anzutreten. Hier leben nur noch Alte. Und die haben sich in den Kopf gesetzt, rasch das Zeitliche zu segnen, denn auf dem Friedhof sind nur noch zwei Plätze frei. Wer da zu spät kommt, muss auf den Friedhof ins Nachbardorf. Und da gibt es – wie jeder weiß – nur Idioten.
Romy schmiedet einen tollkühnen Plan: Sie will mit den Alten ein elisabethanisches Theater bauen. Aus der gammeligen Scheune hinter ihrem Hof. Und mit ihnen Romeo und Julia auf die Bühne bringen. Sie haben kein Geld, keine Erfahrung, aber einen Star: Der »Frischedoktor« soll Regie führen! Ben ist begeistert: Regisseur! Das könnte unter Umständen der erste Job werden, den er nicht voll gegen die Wand fährt ... (Quelle: Amazon)

Das Cover hat mich sofort angesprochen. Die Farben stechen in ihrer Kräftigkeit sofort aus der Massen im Laden hervor. Außerdem passt im Stil zu dem Vorgänger-Roman. Dennoch hatte ich so meine liebe Not mit dem Roman. Zunächst einmal ist da Romy, deren Alter zwar noch verraten wird, aber die sich dennoch eher so verhält als wäre sie entweder Anfang 20 oder schon eher um die 30. Ganz besonders hat mich gestört, dass sie sich wirklich wegen jedem kleinen bisschen aufgeregt hat und sie war eingeschnappt. Vielleicht sollte das so überspitzt sein, wie vieles in dem Roman, aber mich hat das auf Dauer sehr genervt. Auch das vom Autor vermittelte Frauenbild erschien mir stellenweise doch recht fragwürdig und nicht unserer Zeit entsprechend. Romy war für mich keine Person, mit der ich mich identifizieren konnte und die ich gerne mochte.

Gut gefallen hat mir, dass hier die Liebesgeschichte nicht zu sehr im Fokus gestanden hat, obwohl das Ende dann wieder etwas kitschig war. Leider hat es etwas gedauert sich auch mit Ben anzufreunden, da Romy ihn so dermaßen abgelehnt hat, aus mir nicht ganz nachvollziehbaren Gründen. Dennoch steckte hinter Ben mehr als es auf den ersten Blick schien. Man erlebt ihn als sehr engagierten jungen Mann, der sich voll und ganz für das Theater-Projekt einsetzt.

Die älteren Herrschaften sind allesamt sehr liebenswert. Man spürte, dass ihnen Romy sehr wichtig war, auch wenn es mich dauerhaft gestört hat, dass sie sie immer „Täubchen“ genannt haben. Auch hier wieder stellenweise alles etwas überzogen und überspitzt. Möglicherweise war das hier die Absicht des Autors, dass der Roman etwas skurril wirken sollte. Ich habe oft geschwankt zwischen Erheiterung und Genervtheit. Mir hat auch so ein wenig die Vorstellung gefehlt, dass so etwas in der Realität passiert. Auch wenn reale Orte und eine realer Vergangenheitsbezug bestanden, habe ich oft gedacht, dass wir in einer anderen Welt sind. Ich habe oft an den typischen Märchenspruch „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“ denken müssen.

Zu Gute möchte ich dem Autor den Umgang mit der DDR-Vergangenheit halten, welcher ohne persönliche Wertung, sachlich gut recherchiert und umgesetzt worden ist.

Leider konnte mich der Roman aber nicht vollends fesseln. Dennoch ist die Botschaft klar rüber gekommen: Auch wenn man alt ist, ist das Leben noch lange nicht vorbei. Es ist eine sehr skurrile Geschichte, die die Tendenz hat leicht ins Überzogene und Schrullige abzudriften. Man muss sich auf diesen Roman in seiner Art und mit seinen älteren Protagonisten wirklich einlassen können.