Rezension

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Déjà-Vus mit Kerkeling und Co

Ich bin da noch mal hin - Anne Butterfield

Ich bin da noch mal hin
von Anne Butterfield

Bewertet mit 4 Sternen

Titel: Ich bin da nochmal hin – Mit Gott und Hape auf dem Jakobsweg
Autor: Anne Butterfield
Verlag: Malik National Geographic ->

Genre: Reisebericht

Erscheinungsjahr: 2012 GB / 2014 DE

Format/Seiten: Taschenbuch, 365 Seiten

Über Anne Butterfield: Die Autorin pilgerte bereits 2001 auf dem Jakobsweg und geriet ungewollt zur Nebenrolle in Hape Kerkelings Bestseller “Ich bin dann mal weg“. Die Engländerin entschied sich dazu, 9 Jahre später den Camino Francés erneut zu bezwingen und ihre Erfahrungen in diesem Reisebericht wiederzugeben.

Handlung: Anne Butterfield startet Ende Mai 2010 mit dem Fahrrad in St.Jean Pied-de-Port mit dem Ziel, nach Santiago de Compostela und anschließend die gleiche Strecke wieder zurück zu radeln. Bereits nach wenigen Tagen verwirft sie das Vorhaben und tauscht die Fahrradschuhe gegen Wanderstiefel ein. Eine erneute Reise ” a pie” steht ihr bevor, geschmückt von zahlreichen Erinnerungen, Déjà-Vus und neuen Erfahrungen.

Über die Hauptrolle: Wer Kerkelings (Hör-)Buch gelesen hat wird sie noch gut in Erinnerung haben, die zickige, teils etwas unnahbare Britin. Bereits 2001 riet ihr Kerkeling, ein Buch zu schreiben, was sie nun, mit dem Reisebericht über ihren zweiten Camino im Sommer 2010, verwirklichte. In ihrem Reisebericht nimmt sie den Leser mit auf ihren zweiten Jakobsweg, den sie im Sommer 2010 ging. Neben den Begegnungen mit anderen Pilgern und dem Kampf mit ihrem inneren Schweinehund hat sie ihre Eindrücke und Empfindungen in diesem Buch niedergeschrieben.

Lesbarkeit/Inhalt: Butterfield ist zwar Lehrerin, jedoch keine geübte Autorin. Dies merkt man dem Schreibstil des Werks an mehreren Stellen unweigerlich an, was jedoch auch eine gewisse Leichtigkeit vermittelt.
In der aus dem englischen übersetzten Fassung (2. Auflage Dez. 2014) sind leider an einzelnen Stellen des Buchs kleine Fehler zu finden (vergessene Worte, grammatische Fehler).

Zielgruppe: Leser, die weder den Camino selbst gepilgert sind, noch den Bestseller von Hape Kerkeling zuvor gelesen haben, werden sich mit diesem Buch eher schwer tun. Vieles dreht sich um Rückblicke auf die Pilgerreise von 2001 und den damit verbundenen gemeinsamen Erfahrungen von Anne und Kerkeling. Landschaftliches oder Eindrücke der Pilgerschaft werden nur begrenzt vermittelt. Vielmehr kann der Leser, der den Jakobsweg bereits selber gepilgert ist, die einzelnen beschriebenen Stationen vor seinem geistigen Auge Revue passieren lassen. Als “Anschlusslektüre” daher besser geeignet.

Kritik: Die zweite Pilgerschaft von Anne Butterfield fand während der Fussballweltmeristerschaft 2010 in Südafrika statt, was dem Leser dieses Buches durch den kompletten Verlauf immer wieder bewußt gemacht wird. Viele Abschnitte des Buches, in denen sich der Leser unter Umständen gerade im Camino-Gefühl befindet, werden nicht selten recht harrsch durch die immer wieder eingeschobenen Fussballdebatten von Butterfield unterbrochen. Als englische Autorin lässt sie sich dabei nicht selten über die Ungerechtigkeit des Wembley-Tores von ´66 aus. Man merkt der Autorin geradezu an, dass sie ein Problem mit deutschen Fußballern hat, was in ihrem Heimatland vielleicht noch viele Sympathien geweckt haben mag, den Leser hierzulande jedoch mit der Zeit zunehmend nervt. Mit zunehmender Seitenzahl wirken die Fussballgeschichten eher fehl am Platz, was das Lesevergnügen doch etwas schmälert.

Zudem wurde allzu häufig auf die Pilgerschaft von 2001 zurück geblendet. Teilweise wirken einzelne Abschnitte wie kopiert und vom Leser schonmal gelesen. Es ist zwar nachvollziehbar, dass Anne Butterfield sich inhaltlich mit der Pilgerreise von 2001 und dem damaligen Zusammentreffen mit Hape Kerkeling auseinandersetzt, jedoch wird stellenweise der Eindruck erweckt, das Buch von Butterfield befasst sich mehr mit den Eindrücken und Erlebnissen von damals als mit ihrer zweiten Pilgerreise.

Persönlicher Eindruck: Für Nichtpilger oder solche, die sich vorab über den Jakobsweg und seine Eigenheiten erkundigen wollen, gibt es sicherlich bessere Literatur. Ich selber fand vor allem die erste Hälfte des Buchs sehr zäh und teilweise etwas fade. Dies änderte sich schlagartig ab Seite 212. Mit dem Beginn der Erzählungen ab León konnte ich persönlich mitfühlen und war an Orte erinnert, die ich selber bei meiner Pilgerreise im April 2015 erleben durfte. Meine Pilgerschaft begann im kastilischen León, was den plötzlichen Wandel erklärt. Die letzten Kapitel des Buches werten den Gesamteindruck des Buchs doch noch etwas auf. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung kann ich jedoch nicht aussprechen. Wie bereits oben erwähnt sollte man Kerkelings Bestseller “Ich bin dann mal weg” vorab gelesen haben oder man nutzt das Buch, um eigene Eindrücke des Camino Francés Revue passieren zu lassen.

Diese und weitere Rezensionen findet ihr auf meinem Blog http://storykiste.wordpress.com