Rezension

Demontage der Bergdorfidylle mit diversen Metaebenen

Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman - Petra Piuk

Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman
von Petra Piuk

Bewertet mit 4 Sternen

Wieder einmal ein besonderes Buch aus dem Kremayr & Scheriau Verlag. Petra Piuks 'Anleitung zum Heimatroman' ist anything but.

Bitter-, wirklich bitterböse rechnet das Buch mit dem typischen Bergdorf-Idyll ab. Inzentuöses, gewalttätiges, frauen- und fremdenfeindliches Verhalten schleicht sich immer mehr in den Roman und konterkariert die zu Beginn vorgetäuschte Absicht: einen 'schönen' Heimatroman zu schreiben. Das Buch bringt alles auf den Tisch, was sich der zu Sarkasmus neigende Zuschauer eines typischen 'Heimatfilms' vielleicht bei manchen Szenen denken könnte, aber nicht auszusprechen wagen würde. Als wäre die Autorin dank einer Überdosis Dorfidyll ausgerastet und Amok gelaufen. Das ist lustig, wenn man es nicht allzu nah an sich ranlässt und vergisst, dass viele Vorurteile aus einem Körnchen Wahrheit gewachsen sind.
Sont könnte Petra Piuks Roman auch als anklagende Abrechnung mit gewissen 'gutbürgerlichen' Traditionen und Einstellungen verstanden werden und legt als solche den gesalzenen Finger in so manche Wunde.

Die Handlung ist schnell umrissen: Toni, das Neujahrsbaby von Schöngraben an der Rauscher, wächst in einem Dorf auf und liebt Moni von gegenüber. Er wird geprägt, durch das, was er seit seinen frühestens Kindheitstagen erlebt: wie sein Vater seine Mutter behandelt, wie alle über die in die Stadt gezogene Großcousine reden, wie man sich auf Dorffesten verhält. Gibt es ein Happy End und falls ja - für wen?

Abgesehen von Inhalt, der sicher polarisiert und je nach persönlicher Einstellung äußert unterschiedlich aufgenommen werden wird, ist die Form von 'Toni und Moni' eine ganz besondere. Der Aufbau ist wirklich wie ein Kochrezept bzw. eine Bastelanleitung, der Leser wird immer wieder direkt angesprochen (darf sich sogar mit einer im Buch befindlichen Vorlage einen eigenen Orden basteln), Leserbriefe werden umgehend eingebaut und in Fußnoten bekommt man die Auseinandersetzung zwischen Autorin und Lektorin mit. So erlebt der Leser das teilweise Streichen und Revidieren von zuvor Gelesenem und darf glauben, dass irgendwas an den Hintergründen und Entstehungsmomenten dieses Buches tatsächlich wahr ist. Ist es vielleicht auch, wer weiß? Diese Metaebene(n) in einem Buch sind in erster Linie lustig, wenn sie auch etwas ablenkend wirken. Das Leseerlebnis ist dadurch ein ganz anderes als bei einem 'normalen' Roman und verlangt dem Leser einiges an Abstraktion und Flexibilität ab. Für mich ist das durchaus sehr gelungen.

Was man Petra Piuk auf keinen Fall vorwerfen kann: sie würde halbe Sachen machen. Sowohl von der Abstraktionsebene als auch inhaltlich treibt sie es auf die Spitze und deshalb von mir der eine Stern Abzug: Es war mir dann einfach too much. Zu verwirrend und zu verstörend zum Schluss. Doch ich bin mir sicher, dass das 100% gewollt ist, deswegen ist das auch keine objektive Kritik, sondern nur mein ganz subjektives Empfinden. Ein Buch, das einen aufweckt. Leseempfehlung!