Rezension

Der 100-jährige Krieg oder: Vom Handwerker zum Ritter

Legenden des Krieges01: Das blutige Schwert
von David Gilman

"Das blutige Schwert" heißt der erste Band von David Gilmans Reihe "Legenden des Krieges". Er beschreibt den Beginn des sogenannten hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich aus der Sicht eines einfachen Mannes: Der Steinmetz Thomas Blackstone ist erst 16 Jahre alt; seine Eltern sind tot und er ist Vormund seines taubstummen 14jährigen Bruders. Als der des Mordes angeklagt wird, gibt es nur eine Möglichkeit der Rettung - er muss sich dem englischen König bei seinem Eroberungszug in Frankreich anschließen. Beide Brüder sind hervorragende Bogenschützen, und mit dieser Waffe ist die englische Armee der französischen trotz Unterzahl weit überlegen. Thomas, der eigentlich friedfertig ist, erlebt die Brutalität des Krieges. Er muss kämpfen und töten...

Dieser historische Roman gibt einen Einblick in den hundertjährigen Krieg. Der Autor zeichnet die Lebensumstände der damaligen Zeit (1346 bis etwa zwei Jahre später) deutlich und ich kann mir als Leser ein konkretes Bild machen. Dieser Aspekt gefällt mir gut. Noch mehr Hintergrundwissen hätte vermittelt werden können, wenn z.B. die beigefügte Karte etwas detaillierter wäre (so ist etwa Chalion nicht eingezeichnet). Auch ein kurzes Glossar einiger Begriffe wäre hilfreich. Aber gut, das ist nicht das Hauptanliegen des Autors. Er schreibt selbst, er wollte die Entwicklung der einfachen Männer zu Kriegern erkunden und herausfinden, wie aus einem einfachen englischen Dorfjungen ein Kriegsherr werden konnte. Seinem Helden Thomas gelingt dies. Nachvollziehbar beschrieben ist dabei, wie der zunächst zurückhaltende und friedfertige Junge zum Kämpfer wird und auch, wie er sich überwindet, Verantwortung zu übernehmen und er zu einer Führungspersönlichkeit wird. Ansonsten finde ich seinen Charakter zu einseitig gezeichnet: Thomas ist einfach zu perfekt - er kann alles, er weiß alles, und was er noch nicht kann, lernt er in atemberaubender und unglaubwürdiger Geschwindigkeit. Hinzu kommt, dass der Zufall ein wenig zu oft die Hand im Spiel hat; Thomas hat regelmäßig ein bisschen zu viel Glück. Das nimmt der Geschichte dann auch einiges an Spannung; bei jeder Herausforderung ist ja von vornherein klar, dass er sie meistern wird. 

Das Ganze schildert der Autor in einer einfachen, aber sehr anschaulichen Sprache. Am stärksten ist er dort, wo er das Leben und die Ausdrucksweise der einfachen Menschen beschreibt; die derben Frotzeleien der Söldner haben mich gut unterhalten. Hin und wieder versucht er sich an einem Ausflug in poetische Bilder, die jedoch für mein Empfinden eher missglücken.

Alles in allem fand ich diesen Roman ganz unterhaltsam; der ganz große Wurf war er jedoch für mich nicht.