Rezension

Der Auftaktband der Phileasson-Saga entfaltet eine starke Sogwirkung und bietet viele spannende Figuren!

Die Phileasson-Saga - Nordwärts - Bernhard Hennen, Robert Corvus

Die Phileasson-Saga - Nordwärts
von Bernhard Hennen Robert Corvus

Um die Rivalität zwischen den beiden berühmten Thorwaler Drachenschiff-Kapitänen Asleif „Foggwulf“ Phileasson und Beorn dem Blender zu beenden, werden die beiden auf eine außergewöhnliche Wettfahrt geschickt, die darüber entscheidet, wer der größte Seefahrer ist. In 80 Wochen müssen sie sich 12 riskanten Aufgaben stellen, die sie rund um den Kontinent Aventurien führen werden. Der Gewinner darf sich fortan König der Meere nennen. Die erste Aufgabe führt die beiden Kapitäne und ihre Gefährten hoch in den Norden zur Insel der Schneeschrate, um dort einen zweizahnigen Kopfschwänzler zu fangen …

Der Prolog umfasst stolze 80 Seiten und erzählt von dunklen Taten in dem Dorf Stainakr, in der Vorgeschichte einiger Figuren geht es düster und brutal zu. Manchmal haben mich die Ereignisse entsetzt, aber ich war auch gefesselt und neugierig darauf, wie es mit Tylstyr und Fianna weiter geht. Trotzdem war ich zuletzt ein wenig skeptisch, ob das Buch nicht doch zu düster für mich ist (diese Befürchtung hat sich dann glücklicherweise nicht erfüllt). Im Nachhinein macht der Prolog aber genau so für mich Sinn, da ich einige spätere Szenen sonst ganz anders wahrgenommen hätte – zusammenfassende Rückblenden wären emotional viel schwächer, weil die Intensität einfach eine ganz andere ist.

Die eigentliche Geschichte beginnt dann 10 Jahre später und wird überwiegend aus der Sicht von Phileasson und seiner neuen Mannschaft erzählt. Manche seiner Gefährten kennt er schon länger und manche kommen ganz neu dazu. Ich hätte gern etwas mehr über Beorn und seine Leute erfahren, einfach damit das etwas ausgewogener wirkt und der Schwerpunkt nicht so offensichtlich ist. Allerdings kann ich mir auch gut vorstellen, dass es so geplant ist, dass die Sympathien erstmal überwiegend beim Foggwulf liegen und sich das später noch verändert – immerhin war das ja erst der Beginn einer Reihe von geplanten 12 Bänden. Asleif und Beorn unterscheiden sich in ihrem Führungsstil nicht nur darin, dass der eine mehr ein Entdecker und der andere ein Plünderfahrer ist, sondern auch in der Art, wie sie mit ihrer Mannschaft umgehen.

In der Geschichte stecken viele spannende und geheimnisvolle Figuren, da dürfte für jeden etwas dabei sein. Mir gefällt, dass sie nicht nur ihre Ecken und Kanten haben, sondern manche von ihnen schon jetzt innere Konflikte zeigen oder einfach eher im grauen Bereich angelegt sind. Die Einblicke in die Vergangenheit sind wie Geschichten in der Geschichte und machen diesen Roman auch sehr facettenreich.

Es gibt viele Figuren, die ich mag und/oder die mich reizen, darunter sind auch welche, die ein bisschen ungewöhnlich für mich sind. Wie eine Waldmenschenfrau, die nicht nur vom Tod fasziniert ist, sondern auch fast immer von Spinnen umgeben. Und natürlich meine Lieblingsfigur, die mich gleich am „Haken“ hatte, obwohl ich bei der Andeutung zu ihrer Magie erstmal zurückgezuckt bin. Aber diese vielen spannenden Fragen, die geheimnisvolle Ausstrahlung und nicht zuletzt der Humor … Ich konnte einfach nicht anders!

Bernhard Hennen und Robert Corvus schaffen es, eine einheitliche Stimme zu erzeugen. Ich habe keine Brüche gespürt, der Stil wirkte in sich sehr harmonisch. Die dichte Atmosphäre zog sich für mich durch das komplette Buch, genau wie die wunderbaren Beschreibungen der Landschaften und Orte, zu denen vor meinem inneren Auge gleich Bilder entstanden. Mir gefällt auch die Mischung aus actionreichen und ruhigeren Szenen, ich fühlte mich nicht gehetzt und konnte die einzelnen Figuren auch etwas besser kennenlernen.

Die Adaption der DSA-Abenteuerkampagne als Romanreihe kann man auch problemlos lesen, wenn man kein Rollenspieler ist. Das Glossar am Ende des Buches beantwortet alle zum Verständnis notwendigen Fragen, allerdings kann es passieren, dass einen bestimmte Themen faszinieren und man gerne mehr darüber wissen würde. So erging es mir beispielsweise mit den Göttern …

„Nordwärts“ war für mich eine intensive, abwechslungsreiche und spannende Lektüre mit großer Sogwirkung und vielen Überraschungen. Eine Mischung aus Abenteuerroman und Fantasy, die mich auch durch die gezeichnete Welt und die Tiefe der Figuren beeindruckt hat. Daher will ich die Saga auch unbedingt weiterlesen! Ich würde nur zu gern erfahren, wie die Phileasson-Saga schließlich endet und drücke mir da schon mal fest selbst die Daumen. Ich trauere ja immer noch der frühzeitig beendeten Gezeitenwelt-Reihe hinterher und hoffe, dass ich diesmal mehr Glück habe …