Rezension

Der Funke der Hoffnung wird entzündet

Sami und der Wunsch nach Freiheit - Rafik Schami

Sami und der Wunsch nach Freiheit
von Rafik Schami

Bewertet mit 5 Sternen

Die Angst frisst unser Herz, die Heimat des Mutes, und lässt an seiner Stelle nur noch eine Pumpe funktionieren… Wir überleben als Schafe… Aber wir wurden nicht als Schafe geboren, sondern dazu gemacht. Sobald ein Funke der Hoffnung zündete, stürmten die Menschen auf die Straßen, und sie hatten nur noch einen Wunsch: Freiheit.

So lässt sich mit Rafik Schami das Thema seines neuen Buches umschreiben. Um die Angst der Menschen während der Diktatur in Syrien geht es in Rafik Schamis Buch „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ – und um den Aufstand, der entfacht wird und in einen Bürgerkrieg mündet.

Rafik Schami lässt einen syrischen Flüchtling von dem erzählen, was um das Jahr 2011 in den syrischen Bürgerkrieg führte. Dieses Mittel des Erzählens, bei dem sich der Erzähler immer wieder selbst zu Wort meldet, führt dabei weder zu einem Erzählen aus der Distanz, noch zu einem einseitigen Erzählen. Rafik Schami ist es gelungen, mithilfe seines Augenzeugen ein Bild von Syrien zu zeigen, das einem nahe geht. Man lernt die Menschen in Damaskus kennen und lieben mit all ihren Schrullen und Eigenheiten.

Mit den Augen von Scharif – dem Flüchtling, der die Geschichten erzählt – und Sami, seinem besten Freund und quasi Zwillingsbruder, schaut man zunächst auf ein quirliges Damaskus voller Abenteuer. Doch je weiter man liest, umso mehr verdüstert sich die Atmosphäre. Man kann erkennen, dass die Angst vor willkürlicher Verfolgung durch die Geheimdienste die Menschen lähmt und zu „Schafen“ macht.

Während am Anfang einen die Abenteuergeschichten der beiden Jungen immer wieder zum Schmunzeln bringen, überkommt einen beim Lesen bald immer mehr die Beklemmung, die die Menschen bedrückt. Willkür gepaart mit Brutalität nutzt das Regime, um seine Untertanen ruhig zu halten. Immer wieder wird dies in den kurzen Kapiteln zum Thema.

Und doch zündet da der Funke Hoffnung, der die Menschen auf die Straße treibt, sie gegen die Mächtigen demonstrieren lässt. Sehr eindrücklich ist die Umfrage, die Scharif bei einer Demonstration macht, um sie dann unter Umgehung der Zensur ins Internet zu stellen. Sie fragen Demonstrierende nach ihren Gründen für den Protest. Die Demonstranten erwähnen die kleinen Ungerechtigkeiten, die in einer Diktatur entstehen, wenn vieles über Beziehungen geregelt wird: der bevorzugte Schüler, der Sohn des Geheimdienstchefs ist; der verlorene Prozess, weil der Richter korrupt ist; die wichtigen Medikamente, die nicht bezahlt werden können. Gerade diese Kleinigkeiten sind es, die den Wunsch nach Freiheit entstehen lassen.

Um diese kleinen Ungerechtigkeiten geht es Rafik Schami in seinem neuen Buch. Es beinhaltet keine tiefgreifende Analyse des syrischen Bürgerkriegs, sondern lenkt den Blick auf die Menschen, die in den Straßen von Damaskus leben. In Angst und in Hoffnung.