Rezension

Der Junge im gestreiften Pyjama - kein ganz normales Kinderbuch

Der Junge im gestreiften Pyjama - John Boyne

Der Junge im gestreiften Pyjama
von John Boyne

Bewertet mit 4 Sternen

Titel: "Der Junge im getreiften Pyjama"

Der harmlosklingende Titel eines vermeintlichen Kinderbuches entpuppt sich als eine mit kinderaugenentstehende Banalisierung der Situation in Konzentrationslagern im zweiten Weltkrieg. Die diminutive Darstellung und das Verständis dieses Themas wird durch den Titel bekräftigt. 

Ohne Verbindung zu dem Klappentext des Buches wirkt dies wie ein ganz normales Kinderbuch. Der unscheinbare Titel lässt vorerst nicht auf eine tiefgründigere Geschichte schließen.

Cover: Die eher unspektakukäre Front des Buches zeigt im Zentrum den Titel des Werkes. Dies wird durch Querstreifen in helleren und dunkleren Blautönen verdeutlicht. Das unauffällige Cover steht im starken Kontrast zu den Farben des Nationalsozialismus und gibt keinen Hinweis auf eine vermeintliche Verbindung auf der Farbenebene. 

Die Möglichkeit besteht, dass dies die Farben der 'Uniformen' der gefangenen Menschen ist 'Aus-Wisch' nacharmt, jedoch habe ich aus dem Text und der Sicht des Protagnisten Brunos nicht entnehmen können, ob diese Vermutung zutrifft.

Plot: Der kleine Bruno ist eigentlich ein ganz normaler Junge; er spielt jeden Tag mit seinen drei besten Freunden und wird ab und zu von seiner Schwester, die er immer als "hoffnungsloser Fall" bezeichnet, auf den Arm genommen. Für sein Alter, mit dem er selbst überhaupt nicht zufrieden ist, ist Bruno bereits sehr erwachsen. Er ist in der Lage, Situation unvergleichbar zu abstrahieren und begeistert den Leser mit seiner Art zu begeistern.

Durch den Umzug, der durch die Arbeit des Vaters bedingt ist, verändert sich jedoch sein ganzes Leben. Die Reise geht von Berlin zu dem von ihm genannten Ort "Aus-Wisch". Für den 9-jährigen ist in dieser Stadt alles unbekannt und neu. Nicht nur musste er seine Freunde und Großeltern in Berlin zurücklassen, auch das neue Haus in der sonst leeren Nachbarschaft gefällt ihm nicht. Doch eins lässt ihn besonders grübeln: Aus seinem Zimmerfenster sieht er in der Ferne tausende von Leuten, die durch einen Zaun von ihm getrennt werden. 

Seit dem ersten Tag versucht Bruno die vorherrschende Lage in Aus-Wisch zu verstehen und die Hintergründe für die Zweiteilung herauszufinden. Als er eines Tages seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Forschen, nachgeht, freundet er sich mit einem Jungen aus Polen von der anderen Zaunseite an. Von diesem Tag an versuchten die beiden Kinder sich jeden Tag zu treffen. Die enstandene Freundschaft half Bruno die Zeit an dem neuen Ort erträglicher zu machen. 

Mithilfe seines neuen Freundes lernt Bruno noch viel mehr von der anderen Zaunseite. Tage und Ereignisse vergingen bis irgendwann Brunos Heimreise nach Berlin anstand. Da sich beide Jungen noch nicht einmal auf der selben Seite des Hindernisses befanden, beschließt Bruno einen Tag vor seiner Abreise einen Tag auf der seines Freundes zu verbringen und erlebt dort ein Abenteuer, das der Leser so schnell nicht mehr vergessen wird.

Autor: John Boyne schrieb mehrere Romane und Kurzgeschichten, ist jedoch für keins seiner Werkes so berühmt wie für dieses. Über 9 Millionen Mal hat sich "Der Junge im gestreiften Pyjama" verkauft, mittlerweile kam es sogar zu einer Verfilmung. Weitere Werke des Autors habe ich noch nicht gelesen, einige Titel sind mir jedoch geläufig. 

Anmerkungen: Beim Lesen des Romans kristallisiert sich leider immer wieder das widersprüchliche Verhalten von Bruno heraus. Einerseits abtrahiert er für sein Alter Situationen überdurchschnittlich, ist jedoch an anderen Stellen nicht in der Lage, bestimmte Handlungen und Geschehnisse zu interpretieren. Insgesamt machen es diese Widersprüchlichkeiten schwierig, Bruno im Laufe des Buches als dynamischer Charakter anzusehen. 

Besonders hervorzuheben sind die diminutiven Effekte, die der Autor sorgfältig und gezielt in den Text einfließen lässt, um die Thematik zu entschärfen und auf einer abstrahierten Ebene darzustellen. Dabei nutzt er zahlreiche Stilmittel, wie beispielsweise die Sicht durch Kinderaugen, um seine Absichten subtiler darzustellen. 

Anzumerken ist auch die etwas zähe Erzählstruktur, die sich vor allem durch innere Handlung in die Länge zieht. Natürlich ist es schwer, in solch einem Werk den roten Faden beizubehalten, jedoch leidet darunter der Lesefluss sowie der Spannungsverlauf.

Fazit: Aufgrund des immensen Überraschungseffekts und unerwarteten Wendung im fortgeschrittenen Verlauf des Werkes handelt es sich hier um einen extrem lesenswerten Roman, der die Erwartungen und Vorraussetzungen an ein vermeintliches Kinderbuch bei Weitem übertrifft. 

Verschnaufpause 

(Über eine Rückmeldung zu diesem Leseeindruck oder Hinweise auf Rechtschreibfehler o.Ä. freue ich mich sehr!)