Rezension

Der König von Berlin - Berliner Weisse ohne Schuss.

Der König von Berlin - Horst Evers

Der König von Berlin
von Horst Evers

Bunter, kriminalistischer Mix als Lesevergnügen.

Hauptkommissar Carsten Lanner ist ein Landei. Seine Versetzung zur Mordkommission der Berliner Polizei lässt sich ungefähr damit vergleichen, als würde man von einem Nichtschwimmer erwarten, dass er problemlos den Ärmelkanal überqueren könne, nur weil er einen Neopren Anzug sein Eigen nennt.

Erwartungsgemäß erntet er den gutmütigen Spott der Berliner Kollegen, die den Wege-Unkundigen im Großstadtdschungel unschuldigen Blickes in die Irre schicken oder die fortschrittlichen Berliner Ermittlungsmethoden loben, die einen Täter mittels einer Kiefernscanner-App auf allen Polizeihandys in Null Komma Nichts identifizieren könnten.

Eine App gibt's natürlich nicht - aber dafür schon gleich zu Anfang reichlich Ermittlungsarbeit für den "Neuen".

Nachdem ein unschuldig spielendes Kind im Sandkasten den erstarrten Körper einer durch Gift getöteten Ratte entdeckt hat und mit animalischem Gekreisch seine besorgte Mutter aus der Wohnung holt, reiht sich sofort der nächste Leichenfund an den ersten, als die Frau samt ihrer Flip Flops im untertunnelten Erdboden versinkt und auf festen Widerstand stößt.

Allerdings ist's keine Ratte, die das komplette Versinken der Mutter aufhält, sondern der leblose Körper Ansgar Kaminskis, der dem Anschein nach auch nicht ganz freiwillig verstorben ist.

Das ist ein Fall, der dem jungen Kommissar hier den Durchbruch verschaffen kann - aber diese Aufgabe bleibt es nicht allein - denn der geheimnisvolle Tod des "Rattenkönigs" von Berlin, Chef des Kammerjäger-Monopols, Erwin Machallik, gibt weitere Rätsel auf. Bedauerlicherweise hinterlässt er zwei nicht trauernde Söhne, Max und Helmut, die eventuell  seine Vergiftung auf dem Kerbholz haben könnten. Und auch die Ratten scheinen über ein geheimnisvolles System erfahren zu haben, dass alles nicht mehr so ist wie vorher. Ist keiner mehr da, der ihre Population eindämmen kann? Welche Rolle spielt der Kammerjäger Toni Karhan. Ist er nur ein Mittel zum Zweck?

Das Verbrechen liegt ebenso im Dunkel wie das gesamte Tunnelsystem unter der Stadt, in dem die Ratten ihr Reich aufgebaut haben und von dort aus die Gefühle der Menschen dort  oben steuern können - mit ihnen hängt alles zusammen, Angst, Machtgefühl, Gewinnsucht und Erfolg - und mittendrin ein ehemaliger Cloppenburger, der mit seiner recht pfiffigen Assistentin Carola Markowitz "Unter-Tage-Arbeit" leisten muss - kein Wunder, dass er dabei oft ganz schön ins Trudeln gerät und ihm auch über einige Längen hinweg die Fäden aus der Hand gleiten.

Dennoch ist es eine recht amüsante Lektüre, die ein bisschen Spannung und eine ansprechende Portion Humor und Skurrilität enthält, sich locker liest - insbesondere vielleicht für  "Berlin-Fans" - und sicher nicht als allzu nachhaltig betrachtet werden möchte.