Rezension

Der Rabbi war wohl nicht ganz koscher?

Der Rabbi und das Böse - Katharina Höftmann

Der Rabbi und das Böse
von Katharina Höftmann

Bewertet mit 5 Sternen

Auf einer Friedensdemo in Jaffa wird ein Rabbiner von einem Mann im Weihnachtsmannkostüm niedergestochen. Kommissar Assaf Rosenthal ermittelt und stellt fest, dass der Rabbi sowieso bald gestorben wäre – in seinem Körper befindet sich Arsen, er wurde über längere Zeit vergiftet. Im Laufe der Handlung stellt sich heraus, dass der ehrwürdige und geachtete Rabbi nicht nur in zwielichtige Immobiliengeschäfte verstrickt war. Und dann gibt es auch noch Raketenalarm in Jaffa …
Dieser Krimi ist der zweite Teil einer Reihe, in der Assaf Rosenthal ermittelt. Auch ohne den ersten Teil gelesen zu haben, findet man gut in die Geschichte hinein. Die Hauptfiguren (Assaf, Gili, Yossi, Zipi ...) werden mit ihren Stärken und Schwächen anschaulich beschrieben. Ich hatte mir von diesem Buch neben einer spannenden Krimihandlung vor allem einen Einblick in das Leben im heutigen Israel erwartet und wurde nicht enttäuscht. Dass es dort politisch und religiös SO bunt zu geht, war mir nicht bewusst. Araber, Juden Christen ... ja. Aber dass es innerhalb der Juden so viele verschiedene Strömungen und Ansichten mit teilweise extremen Regeln und Vorschriften gibt!
Das Buch liest sich gut und es macht hungrig. Es werden viele Mahlzeiten so beschrieben, dass man Appetit bekommt. (Rezepte im Anhang wären auch eine feine Idee!) Mir gefallen die immer wieder eingestreuten hebräischen Worte (und die Auflösung am Ende des Buches). Ebenfalls hilfreich wäre eine Landkarte von Israel, um eine Vorstellung zu bekommen, wo die beschriebenen Orte liegen. Es ist doch irgendwie eine andere Welt für mich. Um so faszinierender ist es, mit jeder Seite des Buches tiefer dort einzutauchen. Die Beschreibung der Raketenalarme war schon heftig. Obwohl die Gefahr nie ganz dicht herankam, war sie spürbar. Das ist etwas, was wir glücklicherweise nicht aus eigenem Erleben kennen. 
Ich finde gut, dass die Autorin viele Probleme Israels aufgreift, ohne dabei Partei zu ergreifen. Sie lässt ihre Figuren die unterschiedlichen Meinungen vertreten und mehr oder weniger nachvollziehbar argumentieren. So kann der Leser sich selbst ein Bild machen. Ich wusste ja so Vieles nicht! Und damit meine ich nicht nur die großen politischne und religiösen Zusammenhänge, sondern auch ganz triviale Dinge - z.B., dass es „Sheitel-Läden“ gibt, die braune Bob-Perücken für die jüdischen Frauen verkaufen. 
Insgesamt gesehen tritt die Krimihandlung stellenweise fast in den Hintergrund, besonders, als Assaf feststellt, dass er in die falsche Richtung ermittelt hat. Das störte mich aber nicht, da ich das Buch ja auch mit der Erwartung las, mehr über das Leben in Israel zu erfahren. Und da wurde ich von Katharina Höftmann, einer jungen deutschen Autorin, die in Tel Aviv lebt, nicht enttäuscht.