Rezension

Der Roman, den ich aus dem Fenster schmiss und verschwand

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand - Jonas Jonasson

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
von Jonas Jonasson

Bewertet mit 0.5 Sternen

Ich lese gern und ich lese viel. Aber so einen hochkarätigen Schwachsinn habe ich bislang noch nie in den Händen gehalten. Aufmerksam geworden auf diesen Autor bin ich durch Buchhandlungen, die mit dessen Romane Pyramiden auf Tischen stapeln und Schaufenster zupflastern. Und nicht zuletzt durch die vielen 5 Sterne Rezensionen hier bei Amazon. (Ist mir unbegreiflich) Ich hätte keinen Stern vergeben, wenn es möglich gewesen wäre. So belasse ich es bei einem Stern, den ich nicht dem Autor, sondern dem Verlag widme, dafür, wie sie es geschafft haben, so einen Hype um dieses Buch zu machen, dass es inzwischen in der 65. Auflage gedruckt wurde und er es sogar in die Spiegel-Bestenliste geschafft hat, wo er sich satte 54 Wochen lang behauptete.
Zum Roman selbst: Das ist unterstes Schulaufsatz-6.Klasse-Niveau. Ich habe mich bis zur Seite 55 gequält, aber jetzt ist Schluss. So eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte mit nervigen Gags, die schon Absätze vorher vorhersehbar sind, und mit dermaßen stilistischen Fehlern. Ein Beispiel: Da kommt der alte Mann an einem verlassenen Bahnhof an, der mitten im Wald liegt. Die Sonne ist bereits am Untergehen ... "auf einmal ging die Tür des Gebäudes auf, und ein Mann um die siebzig mit braunen Augen und grauen Bartstoppeln kam festen Schrittes herausspaziert"... Ich bezweifle, dass aus dieser Entfernung, mitten im Wald bei untergehender Sonne man die Augenfarbe erkennen kann. Außerdem tragen die "braunen Augen" zu überhaupt nichts bei! Mich interessiert auch nicht, was der für eine Unterhose anhat, oder ob die Augen braun, grün, blau oder sonst eine Farbe haben, da sie für die Geschichte des Romans völlig unrelevant ist und somit überflüssig. Das sind Satzfüller, um das Buch dick zu machen. Dazu zählen auch die Gedankengänge des Kommissars ab Seite 50, der sich seine Gedanken notiert und seitenweise genau das noch einmal wiedergibt, was der Leser bislang schon gelesen hat und eh weiß. (Oder dachte der Autor, für die völlig Dummen das ganze noch einmal zusammenfassen zu müssen?) Genauso die Betitelung des "schmächtigen jungen Mannes mit langen, fettigen blonden Haaren, struppigem Bart und einer Jeansjacke mit der Aufschrift 'Never Again'", der jedes Mal über drei Zeilen hinweg genau so bezeichnet wird, manchmal sogar zweimal auf einer Seite. Das wird dermaßen langweilig auf Dauer und nervt beim Lesen, da es den Lesefluss stört.
Und noch ein Beispiel, wie gedankenlos und flach der Roman geschrieben ist: Das ist schon hanebüchen genug, dass ausgerechnet an einer gewissen Stelle die Gangschaltung des Autos eines Kontrahenten in einer Kurve bockt und das Fahrzeug in die Kiesgrube fährt, wo justement (wer hätte das vorausgeahnt) der alte Mann, (der an dieser Stelle des Romans noch jung ist und eine Dynamitfirma besitzt) gerade eine Sprengung testet. Welche Überraschung, das Auto kommt direkt über dem Dynamit zu stehen und Fahrzeug samt Fahrer wird in die Luft gesprengt.... "Da lag das Automobil des Großhändlers über die halbe Grube verteilt, und hier und da auch Teile des Großhändlers selbst"
Sooo, jetzt stellen wir uns das einmal bildlich vor. Wie stellen Sie sich den Fahrer vor? Also ich habe das Bild eines zerfetzten Körpers im Sinn. Im Roman geht es so weiter: "Der Kopf des Großhändlers war kurz vor dem Wohnhaus ganz weich auf einem kleinen Rasenstück gelandet. Dort lag er nun und richtete seinen leeren Blick auf das Bild der Verwüstung" Häääää???? Den Kopf hat es fein säuberlich abgetrennt wie auf dem Schafott, fliegt meterweit durch die Luft (nachdem er durch das Autodach oder ein Seitenfenster oder sonstwie aus dem explodierenden Auto es herausgeschafft hat) und kommt dann weich auf dem Rasen zu liegen. WAS FÜR EIN RIESEN BLÖDSINN. Und das sind nur ein paar wenige Beispiele.
Und dann noch etwas, liebe Verlagsgruppe Random House GmbH. War nicht vor Kurzem die hitzige Debatte von Ottfried Preußler und dessen "Negerlein", dass man Herrn Preußler sogar Rassismus vorgeworfen hatte und dass man sich geeinigt hat, ein anderes Wort zu verwenden, anstatt das N-Wort. Es mutet daher etwas seltsam an, wenn ich in diesem Roman Sätze lesen muss wie: "... warum er Dinge und Menschen in die Luft sprengte und ob seines Wissens Negerblut in seinen Adern floss." "Stattdessen wiederholte er die Frage nach dem Negerblut..." "Er fügte hinzu, dass er unheimlich gern mal einen richtigen Neger sehen würde, ob der Herr Professor zufällig gerade einen auf Lager habe?"
Inzwischen hat der Autor einen weiteren Roman herausgebracht. Dazu schreibt der "Spiegel", ich zitiere: "Diesmal agiert der Autor als Urheber allen Unfugs, und so erweist sich sein Buch, das gern ein geistreicher Bomben-Bestseller wäre, als ausgesprochener Rohrkrepierer."
Meine Meinung: Dies trifft auf sein Erstlingswerk auch zu.
ABSOLUT NICHT EMPFEHLENSWERT!!!!!

Kommentare

Cthulhu kommentierte am 30. Dezember 2013 um 10:10

Ich glaube, du fällst einfach aus der Zielgruppe heraus... Wenn man sich so ansieht, was du als Favoriten angegeben hast, würde ich glatt meinen, du hast den Sinn - und erst recht den Stil - beim "Hundertjährigen..." lediglich nicht verstanden... Was ja auch nicht schlimm ist... 

Leon kommentierte am 30. Dezember 2013 um 10:20

Mag sein, aber das Buch hätte ich mir nie gekauft, wenn meine Buchhändlerin es mir nicht empfeohlen hätte...Die meinte das Buch wäre genau richtig für mich usw und jaa wie man sieht war dem nicht soo 

Cthulhu kommentierte am 30. Dezember 2013 um 11:03

Dann hat dich die Buchhändlerin wohl einfach nicht genug ausgefragt... ;) Wie gesagt, bei deinem Lesegeschmack hätte man dir dieses Buch nicht unbedingt ans Herz legen müssen...