Rezension

Der Spannungslevel war zu niedrig für einen Thriller

Im dunklen, dunklen Wald
von Ruth Ware

Bewertet mit 3 Sternen

Insgesamt handelt es sich bei dem Debütroman von Ruth Ware um einen soliden Thriller, der aber, um wirklich gut zu sein, die Spannung hätte etwas höher halten müssen.

Die Geschichte beginnt sehr stark. Eine Einladung zu einem Junggesellinenabschied einer ehemaligen Klassenkameradin und besten Freundin, die man seit 10 Jahren nicht gesehen hat, ein einsames Haus im Wald, ohne Handyempfang und immer wieder die Blende zwischen der Gegenwart, in der Nora im Krankenhaus liegt, und der Vergangenheit, an die sie sich nach und nach erinnert. Ich war wirklich sehr angetan von dem Buch, in dem die Spannung am Anfang sehr hoch lag. Leider schafft es Ruth Ware nicht, diese Spannung das gesamte Buch über zu halten. Der Mittelteil plätschert vor sich hin, immer wieder unterbrochen von Andeutungen und merkwürdigem Verhalten der handelnden Figuren, die es aber nicht so richtig schaffen, den Spannungslevel wieder nach oben zu ziehen. Erst zum Ende hin zieht die Spannung dann wieder merklich an. Der Leser, der vermutlich schneller schaltet als Nora, weiß allerdings recht früh, wer der Täter ist. Es kommt zum großen Showdown, der mich wirklich nochmal mitreißen konnte.

Leonora, genannt Lee, Leo oder Nora, die Hauptperson dieser Reihe ist ein extrem zurückgezogener und labiler Mensch. Ihr Motivation, die Junggesellinnenparty zu besuchen hat sich mir nicht so ganz erschlossen. Neugierde? Eine immer noch gewisse vorhandene Abhängigkeit zu Clare? Ich weiß es nicht. Nora scheint mir aber, bei all den Verrückten, immer noch die normalste Figur der Geschichte zu sein.

Flo macht die Geschichte spannend. Man ist sich die gesamte Zeit über nicht sicher, ob sie einfach verrückt ist, oder Clare so hörig und ihr so unterwürfig, dass sie sich aus diesem Grund verhält, wie sie es tut. Aber, sie bringt auf jeden Fall mit ihrem Verhalten eine gewisse Würze in die Story. Ich glaube, dass Melanie nur da war, um zu zeigen, wie stark Flo in ihrem Verhalten gefangen ist. Ansonsten hatte Melanie nämlich, in meinen Augen, keine Funktion.

Clare ist diejenige, die alle täuscht. Nora, den Leser, die gesamte Gruppe. Sie wirkt erwachsen und locker, versucht, vordergründig, die Gruppe zusammenzuhalten. Trotzdem traut man ihr irgendwie nicht. Sie wirkt auf den Leser, als wenn sie ein Theaterstück spielt und die Gäste ihre Marionetten sind. Ich hatte sie echt auf dem Kiecker.

Nina bringt, ebenso wie Flo, nur auf andere Art, Würze in die Geschichte. Immer einen sarkastischen Spruch auf den Lippen, ist sie es, die die Truppe ab und an aufmischt.

Tom war sehr blaß. Warum er nun genau dabei war hat sich mir nicht auch so recht erschlossen. Man erfährt so gut wie nichts über ihn. Er bringt die Story eigentlich nicht wirklich voran.

Alles in allem ist die Geschichte logisch aufgebaut, die Auflösung des Falls erscheint schlüssig und nachvollziehbar. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich 4 Sterne vergeben kann, aber dafür ist der Mittelteil einfach zu spannungsarm geschrieben. Ich kann nicht mal sagen, dass die Geschichte langatmig wäre, das ist sie nicht. Sie ist einfach nur im gesamten Mittelteil auf einem sehr tiefen Spannungslevel, der durchaus deutlich höher hätte sein dürfen. Von mir gibt es 3 Sterne für einen lesenswerten, soliden Thriller, der aber, was den Aufbau der Geschichte angeht, durchaus noch Luft nach oben hätte.