Rezension

Der Weg durch das Tal der Trauer

Für immer ist die längste Zeit - Abby Fabiaschi

Für immer ist die längste Zeit
von Abby Fabiaschi

Bewertet mit 5 Sternen

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Die 17jährige Eve und ihr Vater Brady müssen mit dem Tod von Maddy, Eves Mutter, klarkommen. Diese ist vom Dach der Bibliothek von Eves Schule gestürzt. Niemand weiß, was geschehen ist, denn es gab weder Hinweise noch einen Abschiedsbrief. Um den beiden zu helfen, greift Maddy auf die ihr mögliche Weise von ihrer Schwebeposition zwischen hier und dort sanft ins Geschehen ein. Mann und Tochter empfangen ihre Signale. Nach und nach finden sie wieder einen Weg in ein halbwegs normales Leben. Aber Maddy hat einen bestimmten Plan und noch viel zu sagen …

 

Abby Fabiaschi hat es geschafft, mich mit ihrem Buch regelrecht zu umarmen und mich in meiner eigenen Trauer zu trösten. Dieses Buch geht so tief unter die Haut, lässt den Leser weinen und lachen, hallt tief und klar sehr lange nach – und macht sich unvergesslich. Meine Situation ist eine völlig andere als die von Brady und Eve, aber dennoch ist es Trauer. Wie man weiß, hört Trauer nie auf, aber sie verändert sich. Und da ist dieses Buch ein Trost, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hätte.

 

Die Autorin zeigt die verschiedenen Arten und Formen von Trauer und dem Umgang mit Krankheit, Tod und dem Schmerz, den man als Hinterbliebene empfindet. Die Charaktere im Buch könnten insgesamt unterschiedlicher nicht sein. Sie decken nahezu jede Variante ab und so findet man sich selbst auf alle Fälle auch wieder. Gerade die Stellen, an denen man lachen kann und darf, berühren am meisten, denn das Leben geht weiter, immer. Die Idee, Maddy aus dem Jenseits mitsprechen und miterzählen zu lassen, wodurch sie sagen kann, was sie gut und was sie weniger gut findet, ist einfach genial. So kommt die Sichtweise aus einer völlig unerwarteten Perspektive ins Spiel und regt den Leser automatisch an, seinen Blickwinkel einmal komplett zu verstellen.

 

Abby Fabiaschi lässt sowohl Maddy, als auch Eve und Brady zu Wort kommen. So werden fast alle Ereignisse aus drei Perspektiven erzählt und dargestellt: ein Hinweis darauf, dass alle Dinge von verschiedenen Seiten aus betrachtet werden können und sollten. Es gibt einfach nicht die eine Wahrheit und man tut sich und seinen Mitmenschen einen Gefallen, wenn man seine eigene Sichtweise nicht als die allein gültige betrachtet. Gleichzeitig erfährt man viel über unterschiedliche Arten von Trauer, da es ebenfalls nicht die eine Art von Trauer gibt. Dass Trauer auch eine positive Seite haben kann und man daraus gestärkt und bereichert herausgehen kann, sie zum Leben gehört und nicht unterdrückt werden muss, man aber auch nicht darin versinken darf, ist eine weitere Aussage dieses so leisen, aber weisen Buches.

 

Wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird, immer größere Kreise auslöst, so ist es auch mit diesem Buch. Von einem kleinen Ausgangspunkt erwächst es konstant und sanft immer weiter zu einer großen Sache. So kommen nach und nach auch immer mehr Charaktere hinzu, ohne dass man als Leser überfordert wäre oder Namen verwechselt. Die Hauptfiguren verarbeiten ihre eigene Vergangenheiten und der Leser kann auch hier immer wieder sich selbst entdecken.

 

Mich hat dieses sanfte und doch so eindringliche Buch unbeschreiblich glücklich gemacht. Meine eigene Trauer hat sich nicht in Luft aufgelöst, aber sie hat einen neuen und anderen Stellenwert bekommen. Ich kann tatsächlich besser damit leben. Einzig der deutsche Titel gefällt mir nicht (auch das Cover passt nicht wirklich gut zum Buch). Doch hat „Für immer ist die längste Zeit“ sich schon nach wenigen Kapiteln in meiner „ewigen Liste“ auf einen Platz ganz weit vorne gearbeitet, wenn nicht sogar an die Spitze. Mein Highlight 2018 ist dieses Buch auf alle Fälle! Von mir: fünf Sterne.

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