Rezension

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind...

Das himmlische Kind - Heinrich Steinfest

Das himmlische Kind
von Heinrich Steinfest

Die Eltern haben sich getrennt, der Vater hat eine neue, jüngere Lebensgefährtin. Die Mutter versinkt in Depressionen und rafft sich schließlich auf: Sie will Selbstmord begehen und ihre beiden Kinder, die zwölfjährige Miriam und den fünfjährigen Elias, mitnehmen. Miriam gelingt es, dem zu entkommen und auch ihren kleinen Bruder zu retten. Nun stehen sie mitten im Wald und es beginnt zu schneien. Sie finden eine verlassene Hütte; das Mädchen wächst über sich selbst hinaus und es gelingt ihr, den Ofen in Gang zu setzen, essbare Pilze zu finden und Tannennadeltee zu kochen. Doch das allein genügt nicht: Elias hat hohes Fieber und sein Leben hängt an einem seidenen Faden. Da beginnt Miriam, ihm eine erfundene Geschichte zu erzählen, die sein Interesse weckt, seine Phantasie herausfordert und ihn am Leben hält - denn wie kann man sterben, wenn man wissen möchte, wie es weitergeht?

Diese Geschichte spielt mit verschiedenen Ebenen von Fakten und Fiktion, von Realität und Phantasie. Miriams Geschichte spielt für Elias einerseits in einer Welt, die ihm durchaus echt erscheint, andererseits ist er sich zumindest phasenweise bewusst, dass sie erfunden ist und er Einfluss auf sie nimmt. Auch für Miriam verschwimmen Grenzen: Der Rehbock, der ihr begegnet, könnte auch ein Führer oder ein Engel sein; die schwarze schemenhafte Gestalt ihre Mutter. Und ist sie nicht eigentlich in ein Märchen geraten - zwei Kinder, die sich im Wald verirren? Wie kann sie sich erklären, dass sie hier das abgebrochene Bein ihres Spielzeugzebras wiederfindet, das sie vor Jahren vor ihrem Haus verloren hat? Auch in ihrer Geschichte finden sich phantasievolle Parallelen zu ihren Erlebnissen: Menschen, die plötzlich aus ihrer vertrauten Realität in eine fremde Umgebung versetzt werden; selbstständige Wesen, die dennoch kindliche Züge haben und einen Beschützer brauchen; Probleme, die man angehen kann und die dadurch zwar nicht verschwinden, aber die Möglichkeit der Bewältigung aufzeigen.

Ein Buch, das den Leser fordert, aber auch viele Anknüpfungspunkte bietet.