Rezension

Die Blum - eine Frau, die einen das Fürchten lehrt

Totenfrau - Bernhard Aichner

Totenfrau
von Bernhard Aichner

Bestatterin Blum ist zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich. Sie hat einen Mann, den sie liebt und zwei entzückende Kinder. Dann ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht und die Welt steht still. Ihr Mann ist tot. Ein Unfall? Nein es war Mord und die Blum wird die Mörder kriegen … „Ein Fotograf, ein Priester, ein Jäger, ein Koch, ein Clown...“

Sprachgewaltig oder platt?

Was an Totenfrau zuerst auffällt, ist der Schreibstil, den ich mal karg nennen möchte. Extrem kurze Sätze, wie Maschinengewehrsalven prasseln sie auf den Leser ein. Dazwischen ist kein Raum für detaillierte Beschreibungen. Diesem Stakkato kann man sich nicht entziehen.  Es vermittelt einen sehr intimen Einblick in eine extrem verstörende Gefühlswelt. Mir war es trotzdem irgendwann zu viel des Guten. Ein weniger inflationärer Einsatz dieses Stilmittels hätte dem Buch gut getan. Auch haben mich die ständigen Wiederholungen mit der Zeit genervt. Zu oft habe ich in den Dialogen „Ist das so?“, „Bin ich das?“ und Ähnliches gelesen.

Liebende Mutter oder Psychopatin?

Womit wir auch schon bei der sperrigen Protagonistin sind. Die Blum. Eine Frau, die nach einer extrem lieblosen Kindheit glaubt ihr Glück gefunden zu haben. Doch dann gerät alles aus den Fugen. Die Blum trauert. Das sind die Stellen im Buch, die wirklich gelungen sind. Man kann ihren Schmerz spüren. Man kann auch nachvollziehen, dass sie Rache will. Aber wie sie es dann tut, das ist wirklich nichts für zarte Gemüter. Konsequent, brutal, kaltblütig, gewissenlos und ohne Skrupel. Für sie ist es existenzielle Notwehr, in Wirklichkeit jedoch schnöde Selbstjustiz. Die Blum. Eben noch hat sie die Kinder zu Bett gebracht und danach zerstückelt sie schnell mal eine Leiche. Die hat sie vorher natürlich selbst umgebracht. Ob das glaubwürdig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Krimi oder was?

Totenfrau ist kein Krimi und kein Thriller, eher das Psychogramm einer gequälten Seele. Hier wird nicht ermittelt. Hier gibt es keine Ratespiele. Der Mörder ist bekannt. Die Blum. Bei der Suche nach ihren Opfern kommt ihr immer Kommissar Zufall zu Hilfe und trotz sehr spontaner und planloser Vorgehensweise, gibt es fast keine Probleme. Besonders spannend fand ich das Buch nicht, aber es geht unter die Haut.

Fazit

Es fällt mir schwer, dieses Buch zu bewerten. Entspanntes Lesevergnügen stellt sich nicht ein. Trotzdem fasziniert dieses Buch. Wie ein Blick in den Abgrund von dem man sich nicht distanzieren kann. Verstörend. Brutal. Intensiv.