Rezension

Die Flamme der Revolution brennt heller, als ihr selbst bewusst ist

Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele
von Suzanne Collins

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwölf Distrikte müssen jedes Jahr zusammen vierundzwanzig Tribute im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren ins Kapitol schicken. Dort finden die Hungerspiele statt, ein grausames Schauspiel, bei dem die Jugendlichen solange gegeneinander kämpfen sollen, bis nur noch einer von ihnen am Leben ist.

 

Katniss Everdeen lebt zusammen mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester in Distrikt 12. Zusammen mit ihrem Freund Gale jagt sie verbotenerweise im nahen Wald, um die kargen Lebensmittelrationen aufzustocken, die ihr von der Regierung zugeteilt werden. Doch jedes Jahr, am Tag der Ernte, steht ihr Schicksal auf Messers Schneide. Um die Distrikte für ihren Aufstand gegen das Kapitol von Panem zu bestrafen, werden an jenem Tag je ein Junge und ein Mädchen aus den Bezirken ausgelost, die in den so genannten Hungerspielen in einem Kampf auf Leben und Tod gegeneinander antreten müssen.
Als diesmal zu ihrem Entsetzen ihre Schwester ausgewählt wird, denkt Katniss nicht lange darüber nach und meldet sich freiwillig für die Spiele, um Primrose zu retten.
Ihr wird Peeta Mellark als männlicher Tribut zur Seite gestellt, jemand, mit dem sie weit mehr verbindet als das gemeinsame Ziel in der Arena.

 

Der Auftakt der Tribute von Panem Reihe entführt den Leser in eine Welt, die an das Alte Rom erinnert. Nicht nur die Bezeichnung Kapitol sticht einem sofort ins Auge, sondern auch die den Gladiatorenkämpfen im Kolosseum ähnelnden Hungerspiele, bei denen die besiegten Distrikte gezwungen sind, die Kandidaten aus ihren eigenen Kindern auszusuchen. So will der Präsident des Landes, das früher einmal Nordamerika war, verhindern, dass sich seine Bürger erneut gegen ihn erheben, wie sie es vor vielen Jahren getan haben. Schon von vornherein bietet diese Voraussetzung einiges an Konfliktpotential. Es hat etwas sehr Beklemmendes, darüber zu lesen, vor allem da Suzanne Collins von Anfang an eine bedrückende Atmosphäre aufbaut: Die Soldaten des Präsidenten sind überall und überwachen mit besonderer Strenge alles und jeden und die Bewohner der Distrikte leben mehr oder weniger in Armut.

 

Collins’ Heldin, aus deren Sicht das Buch geschrieben ist, lebt diese Atmosphäre, ob sie es nun will oder nicht. Katniss ist trotz ihrer inneren Stärke sehr darauf bedacht, die Gefahr für diejenigen, die sie liebt, möglichst gering zu halten. Sie wirkt nach außen spröde und unnahbar, wie jemand, der sich niemandem beugen würde, doch tief in ihr sieht es anders aus. Sie ist ein vielschichtiger Charakter, nicht unbedingt liebenswert oder gar süß, aber ebenso wenig unausstehlich. Es ist ihre Art, mit der Situation umzugehen, die Art, wie sie glaubt, sie müsse handeln, um sich selbst oder andere zu schützen. Im Überlebenskampf ist sie durch ihre tagtäglichen unerlaubten Jagdausflüge trainiert und geübt, lediglich im zwischenmenschlichen Bereich reagiert sie oft überraschend emotional. Ihre Zweifel bezüglich ihres geplanten Sieges für ihre Familie treten immer wieder zutage und unterstreichen trotz der Tatsache, dass sie sich auf die Spiele einlässt, die Kritik an der Gesellschaft im Allgemeinen.
Mit ihren Augen erlebt man zudem die anderen Figuren, die einem, dank Katniss’ Misstrauen gegenüber Fremden, mehr als einmal rätselhaft und/oder schwer einschätzbar erscheinen. Dennoch sind mir besonders Peeta, Haymitch und Cinna ans Herz gewachsen, obwohl sie alle Teil dessen sind, was so menschenverachtend ist: Den Hungerspielen.
Jene sind ganz klar ein Mittel der Unterdrückung, allerdings zugleich Unterhaltung für die Bewohner des Kapitols, die gleich zu Anfang schon ihre Favoriten wählen, auf sie wetten und/oder sie sponsern. Diese Gesellschaftskritik an der Sensationsgier des Zuschauers wird zwar an manchen Stellen auf die grausame Spitze getrieben. Gleichwohl wird sie eher subtil und nicht von oben herab präsentiert, was meiner Meinung nach ein großer Pluspunkt ist. Dagegen bleiben die Machthaber und die eigentlichen Ziele der Kritik leider etwas blass.

 

Ich muss gestehen, dass ich den Film eher gesehen, als ich das Buch gelesen habe. Zwar hatte ich vorher schon von der Reihe gehört und sie lag bereits auf meinem SuB. Aber da der Kinobesuch eine spontane Entscheidung war, blieb mir für die Lektüre vorher keine Zeit mehr. Zum Glück hat mir weder das Buch den Film noch der Film das Buch kaputt gemacht. Es ist ein Roman, der Grausamkeiten darstellt, ohne sie zu übertreiben oder zu verheimlichen. Ein Roman mit einer Heldin, die nicht lieb, nett und unschuldig und trotzdem menschlich ist. Ein Roman, der ein schwieriges Thema behandelt, denn hauptsächlich geht es darum, wie Kinder sich gegenseitig umbringen. An manchen Stellen fällt es schwer, weiter zu lesen, einige sind viel zu spannend, um es nicht zu tun.
Die Geschichte und ihr Hauptcharakter haben mich ganz klar gefangen genommen und zum Nachdenken angeregt, sodass ich am Ende unbedingt raten würde, sofort zum zweiten Band zu greifen!

Kommentare

isy75 kommentierte am 27. April 2023 um 19:21

Ich liebe die Buch-Reihe und habe mir auch jetzt das 4. Buch, sprich die Vorgeschichte gekauft.