Rezension

Die Flucht der Ameisen und der Fluch der Geologie

Die Flucht der Ameisen - Ulrich C. Schreiber

Die Flucht der Ameisen
von Ulrich C. Schreiber

Bewertet mit 4 Sternen

... die einen mitunter eine Plage, das andere staubtrockene Wissenschaft. Ohje, wie kann daraus ein Buch werden? Nun, man betitelt das Ganze als einen Geo-Thriller und wartet ab, wessen Neugier stark genug ist, herausfinden zu wollen, was das eine mit dem anderen...

Und das eine kann mit dem anderen, wenn der Autor, selbst Geologe auf Abwegen in die Biologie, eine interessante These als Idee in den Mittelpunkt seines Romans stellt. So debütieren die Ameisen auch die 3 Teile der Geschichte, namentlich Erde, Feuer und Wasser.

"Das eigenartige Verhalten der Waldameisen macht den Geologen Gerhard Böhm erst neugierig - und dann nervös. Erste Beben im Neuwieder Becken und im Aachener Raum (Mittelrhein) bestärken seine Vermutungen."

Und dann knallts auch schon und zwar ausgerechnet zu Silvester, in der Eifel, erstmals nach über 10.000 Jahren. Verblüfft und überrumpelt gibt es erste Todesopfer, aber eigentlich ist man froh, doch noch glimpflich davongekommen zu sein, nicht ahnend, welche Katastrophe sich da erst zusammenbraut.

Nachdem sich also nun die Erde aufgetan hat, das Feuer gespuckt ist, kommt das unbeherrschbare Risiko des Wassers. Die Lava hat den Abfluss des Rheins verschlossen und alles was oberhalb davon liegt, säuft, wegen fehlender Alternativen, so langsam aber sicher ab. Experten suchen nach Lösungen, die dank des Fachgebiets des Autors gut durchdacht sind und verständlich beschrieben werden. Atomkraftwerke müssen geschützt, Millionen Menschen evakuiert werden. Unterstützt werden die Erklärungen mit einer Kartenübersicht am Anfang und Ende des Buches. Herr Schreiber beweist seine Kompetenz, indem er viele Facetten dieses Katastrophenszenarios beschreibt, bleibt aber bei den zwischenmenschlichen Auftritten seltsam hölzern und eindimensional.

Nun, der Schuster darf bei seinen Leisten bleiben und der Herr Schreiber muss selbstredend kein Empathieexperte werden, denn selten habe ich ein so spannendes und fachlich korrekt behandeltes Thema zu lesen bekommen und selten habe ich mich intensiver mit Geologie befasst. Dieses Phänomen macht dieses Buch in meinen Augen zu einem guten und lehrreichen Buch. Und wenn mir dann noch beim nächsten Waldspaziergang ein Hügelbau der Waldameise in die Quere kommt, dann werde ich genauer hinschauen, um zu entscheiden, ob ich schon die Koffer packen sollte.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 22. April 2018 um 18:56

Da  wo du lebst, gibts keinen Rhein. Du bist sicher! Ja, es ist tatsächlich oft so, dass Autoren, die gut in der Materie Bescheid wissen, manchmal keine "echten" Autoren sind, dh. das Zwischenmenschliche können sie dann nicht. Hab ich bei Regisseuren und Journalisten beobachtet, Ausnahmen bestätigen die Regel.

 

Emswashed kommentierte am 22. April 2018 um 19:11

Nö, aber vielleicht wirds eng, weil wir soviele Flüchtlinge aufnehmen müssen.

Emswashed kommentierte am 04. Mai 2018 um 10:05

Ich durfte soeben den Herrn Schreiber auf Planet Wissen bewundern. Er ist wirklich Wissenschaftler durch und durch und hat auch das Thema mit den Ameisen weiterverfolgt. Ich bin froh das Buch doch noch gelesen zu haben, obwohl es hier schon eine Weile gesubt hat.