Rezension

Die Guten sind selten diejenigen, die das Spiel gewinnen

Der Sturm der Normannen - Ulf Schiewe

Der Sturm der Normannen
von Ulf Schiewe

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Zwist spaltet die Normannen von innen - und das zu einer Zeit, in der sie eigentlich zusammen stehen müssen. Nicht nur unter den normannischen Fürsten gibt es Reibereien, der eine gönnt dem anderen seine Macht nicht, auch die Hautevilles haben mit Problemen zu kämpfen. Robert sitzt im Gefängnis, nach einer Attacke auf seinen eigenen Bruder und Gilbert muss einiges auf sich allein gestellt lösen. Robert aus dem Gefängnis kriegen, einen Krieg verhindern und dann ist da ja auch noch Onfrois hartnäckige Krankheit..

Tja, wie immer wenn es um Schiewe und seine Bücher geht bin ich ein bisschen sprachlos. Alle zeichnen sich durch die selben, großartigen Dinge aus - geschichtliche Fakten, mit wahnsinnig viel erzählerischem Talent in eine tolle Geschichte verpackt. Geschichte zum Erleben. Was soll man da alles, in der sechsten Rezension noch sagen, was man nicht schon die fünf mal vorher in den Himmel gelobt hat? 

Für mich war in diesem Fall die Charakterentwicklung ganz besonders spannend. An mir als Leser ist das bis dato mehr oder weniger völlig vorbei gegangen. Sicher, Gilbert ist sicherer, erfahrener geworden. Weniger waghalsig. Klüger. Aber irgendwie ist er für mich doch noch der junge Kerl von damals, der sich in einem Anfall von Wagemut einer Horde Krieger angeschlossen hat - und seine Sache dabei ganz gut macht. Immer wieder musste ich also ein bisschen stutzen und schmunzeln, wenn ich mal wieder feststellen durfte dass der junge Kerl mittlerweile ein Mann geworden ist. Vater, Verheiratet, mit Bart im Gesicht. 
Auch zwischen den Hautevilles hat sich einiges verändert. Die Machtverhältnisse sind nicht mehr so ausgewogen, wie sie einmal waren und der Zwist, auf den man eigentlich lange schon gewartet hat nimmt endlich Formen an. Einerseits ist das Schade - und andererseits bitter nötig, bei einer Familie mit so viel Macht. 

Warum fehlt dann also der fünfte Stern? Ganz ehrlich, ich fühle mich selbst nicht ganz wohl damit. Denn eigentlich hätte ich den Vorgängern lieber 7 Sterne verpasst und dem hier dafür 5. "Der Sturm der Normannen" ist nach wie vor ein großartiges Buch, dass für mich in diesem Genre seinesgleichen sucht. Aber es ist eben nicht so gut, wie ich es von Schiewe gewohnt bin.
Vor allen Dingen am Ende wurde die übliche, detailverliebte Erzählweise kürzer und viel mehr narrativ. Man beobachtet die letzten Ereignisse nur noch unbeteiligt von Außen. Ich verstehe absolut, warum das so sein muss - passiert halt doch nochmal viel, auf den paar Seiten - aber ein bisschen Kummer hat es mir dennoch gemacht.

Was soll's - ich jammere mal wieder auf extrem hohem Niveau. Eigentlich hab ich den historischen Romanen schon vor längerer Zeit den Rücken gekehrt, bei all dem schlecht recherchierten Schund, den man so auf dem Markt findet. Nur lockt mich Ulf Schiewe eben doch immer wieder in das Genre zurück..