Rezension

Die Island-Schwestern

Die Schwestern vom Eisfluss - Rebecca Maly

Die Schwestern vom Eisfluss
von Rebecca Maly

Bewertet mit 5 Sternen

~19. Jh. Island. Im tiefsten Winter, als es nicht mehr genug Nahrung für Mensch und Tier gibt, muss Jorun den Hof verlassen, wo sie sich ihr Auskommen als Magd verdient hat. So macht sie sich auf den Weg, um bei ihrer ältesten Schwester Salbjörg unterzuschlüpfen, die mit ihrem Ehemann auf dem elterlichen Gut leben. Die Beziehung der Schwestern ist nicht die Beste, und Jorun weiß nicht, was sie dort erwarten wird. Damals als junge Frau wurde sie nach Salbjörgs Hochzeit mit Troger von ihrem Vater und Torger verjagt. Salbjörg dagegen führt eine unglückliche Ehe mit einem gewalttätigen Ehemann, den sie fürchtet, und hatte schon mehrere Fehlgeburten. Eines Tages hilft sie dem Nachbarsjungen Erlendur, der in einen Kampf verwickelt war und seitdem sein Gedächtnis verloren hat. Sie versteckt ihn, denn er wird als Mörder gesucht. Als nun Jorun wieder auf dem Hof erscheint, überschlagen sich die Ereignisse…

Rebecca Maly hat mit ihrem Buch “Die Schwestern vom Eisfluss” einen sehr atmosphärisch dichten unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und bildhaft, schnell ist der Leser durch den schon im Prolog gelegten Spannungsbogen so in den Bann gezogen und wird in eine vergangene Zeit hineinversetzt ins eiskalte und düstere Island. Durch die gekonnte Erzählweise der Autorin, die die Geschichte aus der Sicht dreier Charaktere berichten lässt, steigert sich der Spannungsbogen immer weiter bis zum Ende. Gleichzeitig lernt man die Charaktere sehr gut kennen, kann ihre Gedanken, Gefühle und Wünsche verfolgen und sich so in den einen oder anderen gut hineinversetzen. Die Landschaftsbeschreibungen sind so detailliert, dass der Leser das Gefühl hat, selbst an diesem Eisfluss zu stehen und die Umgebung vor Augen zu haben. Ebenso werden die isländischen Sitten und Gebräuche der damaligen Zeit von der Autorin mit der Handlung gekonnt verwoben.

Die Charaktere wurden sehr detailliert ausgestaltet, haben Ecken und Kanten und wirken daher authentisch und lebensecht. Salbjörg ist eine Frau, die durch die unglückselige Ehe und die vielen verlorenen Kinder sehr verbittert, fast hart wirkt. Insgeheim hat sie noch Träume, allerdings fehlt ihr das Hoffnungsvolle, sich diese zu erfüllen, sondern wirkt eher so, als hätte sie sich in ihr Schicksal ergeben. Trotzdem kann man nicht anders, als sie für ihre Demut zu bewundern, denn es ist schon fast unmenschlich, was sie ertragen musste. Jorun ist jünger als ihre Schwester. Auch sie musste früh auf eigenen Beinen stehen und sich im Leben allein durchschlagen. Doch sie hat nie den Mut verloren und sich einen Funken Hoffnung bewahrt. Sie wirkt wesentlich mutiger als Salbjörg und stellt sich dem Leben mutig entgegen, sie kann gar nicht anders. Erlendur ist ein angenehmer Charakter, der das Leben der beiden Schwestern ziemlich durcheinander bringt, allerdings hat er selbst große Probleme und ist auf jede Hilfe angewiesen. Troger ist ein Unmensch, gewalttätig und ohne Gnade. Auch die Nebencharaktere unterstützen mit ihrem Handeln und Tun die Geschichte und tragen zur Spannung bei.

“Die Schwestern vom Eisfluss” ist ein sehr düsterer historischer Roman, der durch die verschiedenen erzählenden Personen, die Handlung von allen Seiten beleuchten eine einzigartige Atmosphäre sowie eine Spannung schafft, die sich bis zum überraschenden Ende anhält. Absolute Leseempfehlung!