Rezension

Die kaputte Taschenuhr

Die Mississippi-Bande - Davide Morosinotto

Die Mississippi-Bande
von Davide Morosinotto

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext:

Alles begann mit dem Mord an Mr. Darsley. Oder vielleicht auch nicht. Wenn ich es mir recht überlege, begann es eigentlich ein paar Wochen zuvor. An dem Nachmittag, als wir durch die Sümpfe des Bayou paddelten, um ein paar Fische zu fangen. Was wir stattdessen fingen, war eine verbeulte Blechdose, in der drei Dollar lagen. Drei Dollar! Dafür würden wir uns etwas im Katalog bestellen. Noch ahnten wir nicht, dass wir mit dieser Bestellung das größte Abenteuer unseres Lebens auslösen würden …

 

Rezension:

Te Trois, wie Peter als 3. Sohn von allen gerufen wird, lebt mit seinen Brüdern und seiner verwitweten Mutter in den Bayous, der Sumpfwildnis in der Umgebung New Orleans’. Seine besten Freunde sind Eddie, der Sohn des örtlichen Arztes, und Julie, deren Mutter oft ‚Besuch‘ von fremden Männern bekommt, worin auch der Grund liegt, dass ihr kleiner Bruder Tit schwarz ist. Wegen deren unmoralischen Mutter ist es Te Trois und Eddie eigentlich auch verboten, Umgang mit Julie zu pflegen. Doch das hindert die 3 Freunde – 4, wenn man Tit mitzählt – natürlich nicht daran, möglichst viel Zeit zusammen in den Sümpfen zu verbringen. Beim Angeln ‚fangen‘ sie eine Blechbüchse mit 3 Dollar darin. Insbesondere für Te Troi und Julie ein unvorstellbares Vermögen! Sie beschließen, sich aus einem Versandhauskatalog gemeinsam einen Revolver samt Munition zu bestellen. Als das Päckchen endlich ankommt, liegt darinnen jedoch nur eine kaputte Taschenuhr. Nachdem ein Fremder versucht, ihnen diese Uhr zuerst mit Tricks und schließlich sogar mit Waffengewalt abzunehmen, beschließen die Freunde, persönlich das Versandhaus in Chicago aufzusuchen – eine Reise von über 800 Meilen Luftlinie, und das fast ohne Geld! Zu dem Zeitpunkt ahnen sie nicht, dass das ganze mit einem alten Mordfall zusammenhängt.

Mit dem Setting im Umfeld des Mississippis erinnert Davide Morosinottos Jugendabenteuer an Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer. Das ist natürlich kein Zufall und wird durch die künstlerisch hochwertige Gestaltung des Covers noch unterstützt. Ein Schriftsteller namens Mark Twain wird während der Flussreise der Freunde sogar am Rande erwähnt. Das Abenteuer der Misssissippi-Bande ist jedoch völlig eigenständig und bedient sich ansonsten kaum an Elementen des Vorbildes. Während Huckleberry bei Mark Twain eigentlich nur auf der Flucht ist, haben die Freunde hier ein konkretes Ziel.

Te Trois und in noch größerem Maße Julie und ihr kleiner Bruder stammen aus sozial zerrütteten Verhältnissen. Ihnen fällt es nicht schwer, ihre Heimat, die speziell Julie keine wirkliche Heimat ist, hinter ich zu lassen. Ihr Freund Eddie, der als einziger ein ‚richtiges‘ Elternhaus hat, schließt sich ihnen hauptsächlich aus Forscherdrang an. Die verschiedenen Abschnitte des Abenteuers werden dabei jeweils aus dem Blickwinkel eines der Freunde erzählt, was auch an den an die Interessen des jeweiligen Erzählers angepassten Kapitelbildern deutlich wird. Dabei kann die Geschichte ihren Leser von Anfang an fesseln, kann doch auch dieser die Zusammenhänge nicht so schnell erkennen.

Die auch stilistisch sehr gut verfasste, interessante Story, hätte eigentlich 5 Sterne verdient, wenn … ja, wenn da nicht das letzte Kapitel, das praktische einen Epilog darstellt, wäre. Dieses handelt mehr als 6 Jahrzehnte nach der abenteuerlichen Reise. Darin erfährt der Leser zwar, was aus den Freunden im Laufe ihres Lebens wurde, das Ende des eigentlichen Abenteuers wird darin jedoch nur in Kurzform und noch dazu unvollständig erzählt. Viele Fragen – wie zum Beispiel ob der Mörder eigentlich zur Rechenschaft gezogen wurde – bleiben unbeantwortet. Somit muss man leider feststellen, dass dieses misslungene Ende das ansonsten sehr gute Buch in gewisser Hinsicht etwas ruiniert. Schade. Der Rest des Buches ist es aber trotzdem wert, gelesen zu werden. Denn der ist wirklich gut.

 

Fazit:

„Die Mississippi-Bande“ ist ein gelungenes Jugendabenteuer in einem fast schon nostalgischen Setting – mit leider etwas schwachem Ende.

 

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